18.5.14

One Chance - Einmal im Leben

Großbritannien, USA 2014 Regie: David Frankel mit James Corden, Alexandra Roach, Julie Walters, Colm Meaney 104 Min. FSK: ab 6

Vom ersten Momenten an zielen die Geiger voll auf das Kitsch-Zentrum: „One Chance" ist die allgemein bekannte Geschichte von Paul Potts, dem Opern-schmetternden Gewinner einer britischen Casting-Show. Die sehr simple Wohlfühlgeschichte ist ein modernes Märchen mit einem rundlichen, männlichen hässlichen Entlein, das zur Nachtigal wird. Oder die Verfilmung eines YouTube-Clips.

Das Biopic über Paul Potts erzählt die Geschichte des unterdrückten Außenseiters, des dicken Jungen, der in einer endlosen Folge von Mobbings das Singen als Flucht ergreift. Es ist 2004, der erwachsene Paul hört noch Discman und wohnt bei den Eltern. Da sind die Probleme, eine Freundin zu finden, wenig überraschend. Doch aus einem Internet-Chat zwischen den angeblichen Ebenbildern von Brat Pitt und Cameron Diaz wird mit Hilfe von Pauls Freund und Chef eine echte Begegnung und eine niedliche Liebe. Die der Möchtegern-Opernsänger aufs Spiel setzt, als er nach einem Ferien-Lehrgang in Venedig mit anschließendem vernichtenden Urteil Pavarottis Wochen braucht, um Freunde und Freundin wieder zu kontaktieren.

Ist Paul ein Pechvogel oder tatsächlich nicht fähig zu einer Sänger-Karriere? Auf jeden Fall steht er seinem Traum immer selbst im Weg. Vor seiner Hauptrolle bei einer Amateurtruppe hat er eine Blinddarm-OP. Nebenbei entdeckt man einen Tumor in seinem Hals. Als er nach sechs Monaten doch wieder singen kann, lässt er sich von einem Auto überfahren und verschiedenste Knochen brechen. Bis zum allzu bekannten Weg und Erfolg mit der Casting-Show...

Das Prinzip Casting-Show ist der Aufstand der Ungebildeten gegen Schulen, Lernen, Üben, Training, Ausbildung und all diesen altmodischen Kram. Wenn jetzt ein „Casting-Sieger" verfilmt wird, wird dieser Hohn auf die Spitze getrieben. Dabei bemüht „One Chance" die Überzeugungs-Kraft von Pauls Singens sehr: Mit einem Liedchen kann er die schwer versetzte und verletzte Freundin Jules zurückgewinnen, die Geigen leiten direkt zur Hochzeit und dem ebenfalls gesungenen Gelübde über. Statt der Hochzeitsnacht wird von der männlichen Jungfrau erst eine historische Puccini-Aufnahme genossen. Einer der vielen kleinen Scherzchen, die wie alles andere auf dem Niveau „nett" eingepegelt sind. Obwohl sich so vieles ähnelt, dies ist kein „Billy Elliot" und auch keine britische Sozialkomödie. Denn die traut sich was!

Ausgerechnet der bekannte Ausgang nimmt dem Ganzen auch noch die Spannung. Denn selbstverständlich lässt sich der millionenfach im Internet angeklickte Überraschungsmoment der Entdeckung eines unscheinbaren Talents in seiner Ursprünglichkeit nicht wiederholen. Nur mit den üppigeren Mitteln des Films noch mal aufplustern.

Der Film behauptet dabei, große Kunst und Talent zu feiern, bricht sie aber auf den kleinsten gemeinsamen Nenner des lustigen und anrührenden Wohlfühlfilms runter. Eine wohl bekannte Geschichte ganz ohne Risiko. Wer nur ganz wenig mehr erwartet, wird sehr enttäuscht - no chance! Ebenso jeder, der hofft, dass „One Chance" nicht trotz - oder wegen - aller Mittelmäßigkeit ein großer Kinoerfolg wird.