11.10.10
Lebanon
Israel, Libanon, Frankreich, BRD 2009 (Lebanon) Regie: Samuel Maoz mit Yoav Donat, Itay Tiran, Oshri Cohen, Zohar Strauss, Michael Moshonov 92 Min. FSK: ab 12
Das ist wirklich „embedded“: Nur aus der Perspektive einer israelischen Panzer-Besatzung erzählt der israelische, deutsch und französisch produzierte Film „Lebanon“ vom Höllenritt eines Angriffs auf den Libanon. Die extrem laute, durchrüttelnde und erschütternde Panzerfahrt in den Libanon-Krieg des Jahres 1982 ist ein ungemein starkes Fanal gegen Krieg oder wie auch immer Regierungen das steuerfinanzierte Morden nennen mögen. Die klaustrophobische Atmosphäre erinnert stark an Petersens „Das Boot“. Regisseur Samuel Maoz, der seine eigenen Erlebnisse Jahrzehnte später verarbeitete und verfilmte, gewann in Venedig 2009 mit „Lebanon“ den „Goldenen Löwe“ und widmete den Preis allen, die Krieg überlebt haben und nach Hause kommen konnten.
„Lebanon“ ist eine von mehreren israelischen und kritischen Äußerungen der letzten Zeit zu den Kriegen des Landes. Die düstere Animation „Waltz with Bashir“ und vor allem das bittere Doku-Musical „Z32“,vom exzellenten Kino-Autor Avi Mograbi, gehören dazu. Wobei der wegen seiner (zwangsweise) einseitigen Perspektive nicht unumstrittene „Lebanon“ mit ganz banalen Beobachtungen erzählt. Da ist die Pfütze aus Öl, Schweiß und Urin im Tank, die man zu riechen glaubt. Die heftig umstrittenen Machtverhältnisse mitten im Chaos. Und chaotisch ist dieser Angriff auf jeden Fall: Schon nach wenigen Kilometern bleibt der Panzer stehen, verliert den Anschluss und die Orientierung. Die Besatzung wird von der Führung aufgegeben - oder in die Hände von christlichen Verbündeten, was noch schlimmer ist. Vor allem dem syrischen Gefangenen an Bord droht brutalste Folter durch die Phalangisten. Extrem erschütternd sind die Blicke auf das Trümmerfeld der Massaker. Mitten in den zerbombten Häusern eine schreiende Frau, Geiseln im Rollstuhl. Aber längst werden kein Warnschüsse mehr abgegeben. Wer noch immer glaubt, Krieg sei ein kontrollierbarer Konflikt, möge sich diesen Film antun. Dass Phosphorbomben zwar benutzt werden, aber einfach anders benannt sind, ist nur eine zynische Fußnote im Grauen. Wenn Samuel Maoz dann den unvorstellbaren Wahnsinn mit dem poetischen Overkill eines Feldes voller Sonnenblumen kontrastiert, wird ein Gefühl nur noch stärker: Nichts wie raus hier!