USA 2019 Regie: Greta Gerwig, mit Saoirse Ronan, Emma Watson, Florence Pugh, Eliza Scanlen, Timothée Chalamet, Laura Dern, Meryl Streep, 135 Min. FSK ab 0
Louisa May Alcotts bekannter Jugendroman „Little Women" aus der Mitte des 19. Jahrhunderts in den Händen der großartigen Schauspielerin, Autorin und Regisseurin Greta Gerwig, die als „Frances Ha" und als „Mistress America" so einzigartig das verspätete Erwachsenwerden im heutigen Amerika skizziert hat. Auch im Regiestuhl enttäuscht Gerwig nicht, aber im klassischen Stoff taucht die typische Gerwig nur selten auf.
„Little Women" gab es schon mit Katharine Hepburn, Janet Leigh und mit Winona Ryder in der Hauptrolle. Nun erleben wir die March-Schwestern Jo (Saoirse Ronan), Meg (Emma Watson), Amy (Florence Pugh) und Beth (Eliza Scanlen) mit ihrer Mutter Marmee (Laura Dern) als Familie und liebenswert quirligen Haufen, der beispielsweise zu Weihnachten auszieht, um das eigene Essen mit einer bitterarmen Familie zu teilen. Es ist (Bürger-) Krieg, es wird gestorben, geweint und gelacht, es gibt viel Rührung, einigen Aufruhr. Für das Komische und Romantische ist Laurie (Timothée Chalamet), der langjährige Freund der vier Mädchen zuständig.
„Little Women" ist nicht von ungefähr ein sehr erfolgreicher Roman. Ganz wie bei Jane Austen auf dem alten Kontinent geht es immer noch um gesellschaftliche Normen und darum, auf jeden Fall die Töchter unter die Haube zu bekommen. Was die Erzählerin Jo überhaupt nicht interessiert. Zwar hat sie in New York ihre erste Geschichte verkauft, doch eine harsche Kritik von einem hübschen und intelligenten Franzosen lässt sich wieder nach Hause eilen.
Es gibt als schönen Spiegel der Gesellschafts-Ordnungen die leidenschaftlichen Tänze mit viel Spaß in der Spelunke, den gezwungenen Gesellschaftstanz in schicken Kostümen und speziell die typischen Gerwig-Bewegungen beim heimlichen und ganz unzeitgemäßen Tanz auf der Terrasse. Im grandiosen Reigen außergewöhnlicher Schauspielerinnen spielt Saoirse Ronan Gerwigs Alter Ego, beziehungsweise jüngeres Ego, wie schon in „Lady Bird" verblüffend wiedererkennbar.
„Little women" bleibt über die Jahrzehnte ein netter Stoff fürs Kino, den man nicht nur am aktuellen Stand von Gleichberechtigung messen sollte. Den Bechdel-Test bestehen die Schwestern auf jeden Fall. Ob umgekehrt zwei Männer miteinander nicht über Frauen reden? Genau einmal passiert das wohl! Das Ringen mit der Frauen-Rolle, die keinerlei selbständige Kreativität erlaubt, löst sich in Wohlgefallen auf. Nur in der elegant verschachtelten Chronologie nimmt Greta Gerwig augenzwinkernd Louisa May Alcotts Kampf auf, ihre Figur auch ohne Hochzeit glücklich enden zu lassen. So ist die aktuellste Version von „Little Women" nicht unbedingt ein Film für Gerwig-Fans, aber einer für die Oscars, der nett unterhält und für alle happy endet.