15.4.18

Solange ich atme

Großbritannien 2017 (Breathe) Regie: Andy Serkis mit Andrew Garfield, Claire Foy, Tom Hollander, Hugh Bonneville, Diana Rigg, 118 Min., FSK ab 12

Der Beginn ist zum Weglaufen: Dekadentes Kolonialisten-Nichtstun in Kenia, etwas britisches „Out of Africa", ein kitschiges Zweier-Glück zwischen Robin Cavendish (Andrew Garfield) und seiner frischvermählten Diana (Claire Foy). Bis Robin im Jahr 1958 in Kenia an Polio erkrankt, was ihn vom Hals abwärts lähmt. Die Lunge eingeschlossen. Entgegen aller Prognosen lebt Robin länger als nur ein paar Monate an der Lungenmaschine und wird nach England geflogen. Er kann sogar wieder sprechen. Und wiederum gegen die Meinung der Fachleute, gegen den ausdrücklichen Befehl des Chefarztes überlebt er sogar außerhalb des deprimierenden Krankenhauses. Es ist der Verdienst Dianas, ihn dort rauszuholen, wo er nicht mehr weiterleben wollte. Das bislang schöne Ehe-Anhängsel beweist ihre wahre Liebe in unerschütterlicher Treue und Hartnäckigkeit.

In erstaunlicher Eigeninitiative von Diana und ihren Brüdern erschaffen sie dem Gelähmten ein Leben in einem neuen Zuhause. Wo er endlich eine Beziehung zu seinem kleinen Sohn aufbauen kann. Mit wieder erwachendem Lebensmut entwickelt Robin einen Rollstuhl, der ihm und seiner Beatmungsmaschine erlaubt, nach draußen zu fahren. Bald wird das Paar wieder so abenteuerlich und reiselustig wie vor seiner Erkrankung.

Dass die Marketing-Abteilung diesen Film als „atemberaubend" bezeichnet, ist geschmacklos - und falsch: „Solange ich atme" ist extrem rührselig, vereinfachend (Robin muss in seinem ganzen Leben nie auf Toilette) und steigert am Ende sogar den Druck auf die Tränendrüsen im quälend langen Abschied zu Cole Porters Song „True love". Das ist nicht nur so, weil dieser Film so richtig Kasse machen soll, sondern auch weil er eine sehr persönliche Geschichte darstellt: Robin und Diana Cavendish sind die Eltern des Produzenten Jonathan Cavendish („Bridget Jones – Schokolade zum Frühstück"), belegt durch ein paar Originalaufnahmen im Abspann.

Auch der echte Robin kämpfte dafür, seinen speziellen Rollstuhl in Serie gehen zu lassen, und so tausenden Menschen, die an einer künstlichen Lunge hingen ein besseres Leben zu ermöglichen. Den Widerstand von Gesundheits-Bürokraten und bornierten Ärzten speist der Film dabei als Karikatur ab. Robin Cavendish tritt im Film auch einem verbreiteten Glauben entgegen, „solche behinderten Menschen sollte man nicht nach draußen lassen". Es ist heute unvorstellbar, wie wenig er und andere Patienten akzeptiert wurden, ja, überhaupt als Menschen angesehen wurden.

Trotzdem verläuft „Solange ich atme" bis auf die fast komische Flucht aus dem Krankenhaus und einem fast tödlichen Stromausfall (mit britisch trockenem Humor bei der Rettung) weitestgehend undramatisch. Als bei einer Spanien-Reise irgendwo in der Pampa das Beatmungsgerät durchbrennt, wird das tagelange Warten auf die Reparatur - mit konstanter Handbeatmung! - zu einer Party mit der einheimischen Bevölkerung.

Der bekannte Schauspieler Andy Serkis (Gollum aus „Der Herr der Ringe") liefert hier seine erste Regie-Arbeit ohne Auffälligkeiten ab. Andrew Garfield („Hacksaw Ridge"), der schlechtere Spiderman, gibt seinem Robin routiniert ein schelmisches und trotziges Gesicht. Claire Foy aus der Serie „The Crown" unterstützt ohne besonderen Eindruck zu machen, und wird gut unterstützt von Tom Hollander, der Dianas beide (!) Zwillingsbrüder spielt.