17.4.18

Roman J. Israel, Esq.

USA 2017 Regie: Dan Gilroy, mit Denzel Washington, Colin Farrell, Carmen Ejogo 123 Min., FSK ab 6

Ein Rechtsanwalt eröffnet ein Verfahren gegen sich selbst! Die Anklage, seinen Prinzipien untreu geworden zu sein, könnten viele führen. Wenn es der Anwalt Roman J. Israel, rundlich verkörpert von Denzel Washington, macht, dieser überaus, ja geradezu autistisch gerechte Mann, dann hat es komische und tragische Züge.

Roman J. Israel ist mit seinem Afro-Look, mit seinen sehr altmodischen Klamotten aus der Zeit gefallen. Man kann sich geradezu vorstellen, wie er, im Hinterzimmer der Kanzlei vergraben, die Fälle seines Chefs vorbereitet und mit enormem Rechtswissen unterfüttert hat. Was in den USA umso wichtiger ist, da das Rechtssystem nicht hauptsächlich auf einen Regel-Codex, sondern viel auf bereits gefällte Urteile fußt, die Roman scheinbar alle im Kopf hat. Der Bulldog genannte Kanzlei-Chef, ein alter Bürgerrechts-Kämpfer erntet den Ruhm, Roman ein mickriges Gehalt.

Nun liegt die Bulldogge im Koma, die Kanzlei soll aufgelöst werden. Draußen in der Rechts-Praxis von Los Angeles kommt ein nerviger Nerd wie Roman nicht an, er wird in seinem ersten Verfahren direkt zu einer Strafe verdonnert. Obwohl er selbstverständlich im Recht ist. Von Arbeitslosigkeit bedroht, geht er schließlich auf das Angebot eines ganz anderen Anwalts ein: George Pierce (Colin Farrell) leitet vier Kanzleien, hat eine deftige Preisliste, feine Anzüge und ein protziges Auto. Romans ausgezeichnetes Gedächtnis weiß genau, wie schlecht der schicke Typ ist, der die Kanzlei übernehmen soll, weiß dass Pierce seine Klienten als Geschäftsmann schon mal an die Staatsanwaltschaft ausliefert. Ein Blender, ein Geldmacher trifft auf einen, der die Gesellschaft immer noch zu einer gerechteren machen will.

Die Tragik der Figur von „Roman J. Israel, Esq.", also dem Anwalt Roman J. Israel, liegt erst einmal darin, dass er ein kaum arbeitsfähiger Fachidiot ist. Dann aber verkauft er seine Ideale, stellt sein Leben auf den Kopf und verpasst dabei tragischerweise die junge Aktivistin, die gegen alle Wahrscheinlichkeiten sehr an seinem alten Ich interessiert ist.

Dieser alte Kämpfer für die Bürgerrechts-Bewegung ist ein Relikt, müsste eigentlich eine Legende sein. Die unscheinbare Figur, von einem unauffälligen Denzel Washington gespielt, wird charakterisiert durch Black Power, Comics und Jazz in seiner kleinen, dunklen Wohnung. Diese mal ganz andere Rolle liefert nebenbei einen kritischen Einblick ins us-amerikanische Rechts-System mit den Firmen, die daran verdienen. Das sind nicht nur die professionellen und eher unethischen Anwaltskanzleien, das sind auch die privaten Gefängnisse, die Nachschub brauchen.

So ist „Roman J. Israel, Esq." die tragische Geschichte einer Person, auch personifizierte Parabel des Verfalls von institutionalisierter Gerechtigkeit. Der bullige Bürgerrechts-Kämpfer liegt im Koma. Die Gerechtigkeit selbst steckt im dunklen Stübchen und in der eigenen Beschränkung fest, nicht in der Lage, praktisch etwas zu bewegen. Und überdeutlich, mit einem kleinen, eher peinlichen als pathetischen Twist am Ende, das aktuelle Rechtswesen in feiner Schale, aber ohne Substanz. Nicht Gerechtigkeits-Streben sondern Gewinn ist Antrieb.

Klingt banal, ist es auch. Regisseur und Drehbuchautor Dan Gilroy („Kong: Skull Island", „Nightcrawler") schrieb das im Ansatz interessante Stück für Denzel Washington, der sich selber mitproduzierte. Das ist nicht elegant oder glänzend erzählt, arbeitet viel mit deutlichen filmischen Mitteln, bleibt aber wenigstens in der Hauptperson immer packend.