14.7.14

Hugo Koblet – Pédaleur de charme

Schweiz 2010 Regie: Daniel Von Aarburg mit Manuel Löwensberg, Sarah Bühlmann, Max Rudlinger 98 Min. OmU

„James Dean des Schweizer Radsports" wird Hugo Koblet genannt - nicht nur wegen seiner charismatischen Wirkung, auch das tragische Ende im Auto am Baum ruft den Vergleich hervor. Regisseur Daniel Von Aarburg erzählt in seiner eleganten Dokufiktion in faszinierenden historischen Bildern von einem Ausnahmesportler und einem gebrochen Menschen.

Die Radsport-Legende Hugo Koblet (1925-1964) gewann 1950 als erster Ausländer den Giro d'Italia. Der Bäckersohn aus Zürich wird schlagartig berühmt. Dabei begeistert die Leichtigkeit seiner Erfolge ebenso wie die Eleganz seines Aussehens. Bilder mit dem Kamm, der im Trikot mitfuhr, sind typisch für ihn. Im nächsten Jahr gewinnt er auch die Tour de France. Nebenbei und zwischendurch hat haufenweise Groupies, vernascht nach schweren Rennen Vanille-Eis und die Kellnerin, statt sich massieren zu lassen. Stilprägend auch seine Heirat mit dem Mannequin Sonja Bühl, die nach vielen anderen schönen Frauen kam.

So ist die Geschichte von Hugo Koblet auch eine von Aufstieg und Fall, eine Ikarus-Geschichte. Denn nach einem frühen Ende der Karriere wollte er als Tankstellenbesitzer immer noch schillern und Größeres. Als auch seine Ehe scheitert, verunglückt er aus bis heute ungeklärten Gründen tödlich mit seinem Sportwagen.

Der tragische Held in dieser Radsport-Geschichte ist zwar nicht Lance Armstrong (wie in dem erwarteten Film von Stephan Frears). Aber nicht nur für die Schweizer ist auch Koblet eine Legende. Die Siege des Züricher Ausnahme-Radrennfahrers haben für Schweizer immer noch den gleichen Rang wie das „Wunder von Bern" für die Deutschen.

Regisseur und Autor Daniel Von Aarburg gelingt zum „Pédaleur de charme" ein sehr charmanter und reizvoller Film: Seine Dokufiktion „Hugo Koblet" nutzt tolles Archivmaterial, das die Rennfahrer klassisch heroisiert. Homogen mit den Originalaufnahmen wurden die Spielszenen im Stil von Filmen der 50er Jahre inszeniert. Fiktionalisiert wurden vor allem Schlüsselszenen rund um dunkle Punkte in Koblets Biographie, seinem Verhältnis zu den Frauen, insbesondere auch zu seiner Mutter, den Dopinggerüchten und schließlich dem immer noch mysteriösen Tod. So entsteht ein zwiespältiger und damit interessanter Charakter auf der Leinwand.

Wenn alte und altkluge Biedermänner posthum Rechnungen mit dem zu schillernden Sieger begleichen, ist dies auch ein Porträt Schweizer Mentalitäten. Nur Koblets persönlicher Wasserträger und Sechstage-Partner Armin von Büren steht in Interviews und Spielszenen zum Freund. Er und auch die bekannte Filmschauspielerin Waltraut Haas („Es liegt was in der Luft" 1950, „Du bist die Rose vom Wörthersee" 1952), die wie viele auch ein Verhältnis mit dem Charmeur hatte. Das gelungene Zusammenspiel all dieser Facetten einer vielschichtigen Persönlichkeit macht „Hugo Koblet" jenseits aller Genre-Grenzen und auch über die Faszination eines besonderen Sportfilms hinaus zur sehenswerten Geschichte.