BRD 2013 Regie: Arne Feldhusen mit Christoph Maria Herbst, Bjarne Mädel, Oliver K. Wnuk, Diana Staehly, Milena Dreißig 100 Min.
Mit längerem Atem und eindrucksvoller Unterstützung durch Fans via Crowdfunding hat nun auch „Stromberg" den Sprung von der TV-Komik auf die große Leinwand gewagt. Das scheitert meistens, aber diesmal ist es besonders tragisch - trifft es doch einen der Besten. Bernd Stromberg (Christoph Maria Herbst) ist ein Ekel. Dass jedoch er seine Fangemeinde mit breit gewalzter Langeweile brüskiert, hätte ihm niemand zugetraut.
Schräge Heimmusik mit Ernie Heisterkamp (Bjarne Mädel) als Dirigenten macht schmerzlich klar: Die Capitol-Versicherung feiert bald 50-Jahr-Jubiläumsfeier irgendwo im Landhotel. Da macht Bernd Stromberg (Christoph Maria Herbst) selbstverständlich nicht mit und sich dadurch nicht nur wiedermal Ernie zum Feind. Als der selbstgefällige, egozentrische Ober-Mobber Stromberg jedoch ausgerechnet von einem erfolglos niedergequatschten Hausmeister erfährt, dass die Capitol-Filiale in Köln dichtgemacht wird, muss auch „der Papa" zum Firmen-Fest, um sich für einen Job in der Zentrale einzuschleimen. Schon die fidele Busfahrt mit „Happy Tours" wird zur Katastrophe dank übernächtigtem Busfahrer, überfülltem Klo und übermäßig engagiertem Ernie. Im typischen Tagungshotel gibt dann der Widerling der Nation richtig Gas: Stromberg trifft alle sexistischen, rassistischen und sonstigen Fettnäpfen auf Anhieb. Doch sein unverschämtes und ordinäres Video ist im Gegensatz zur selbstgefälligen Präsentation einer ehemaligen Vorgesetzten der Knaller im Saal. Das nicht „political" oder sonst wie korrekte Verhalten verschafft ihm einen Freifahrtschein zur Vorstands-Orgie im Edelpuff. Doch da ist ja noch Kollegin „Schirmchen", mit der endlich mal was laufen könnte. In einer atemberaubenden Wende wird der unmöglichste aller Vorgesetzen zum weltweit gefeierten Gewerkschafts-Kämpfer, bekommt sogar einen Job bei der SPD und 'nen warmen Händedruck von Steinmeier. Doch für den Film ist es da schon viel zu spät - man hat sich über eine Stunde lang so gelangweilt, wie nie zuvor in fünf Staffeln Fernseh-Stromberg.
Beim Wiedersehen mit „Stromberg" nach fünf TV-Staffeln dürfen alle Figuren ihre festgelegten Rollen in der eher mühsamen Vorstellung der Abteilung fortschreiben: Ernie, der mittlerweile Bluetooth-Headset und eigenes Büro hat, macht sich mit abstoßender Gutmütigkeit zum Deppen. „Schirmchen" Jennifer Schirrmann (Milena Dreißig) schwankt weiter zwischen niedlicher Naivität und weinerlicher Traurigkeit, zwischen Anziehung und Ablehnung von Stromberg. Sie sondert selten mal gute Sätze ab, wie: „Männer sind auch nur so was wie Facebook, wo alle sagen, musste machen. Aber was hast du denn am Ende davon? Am Ende sitzt du doch alleine da." Ulf und Tanja (Oliver K. Wnuk, Diana Staehly) treten mit ihren Streitereien etwas in den Hintergrund für ihren probeweisen Pflegesohn Marvin (Max Kluge), der praktisch den ganzen Film mit Penis-Bildchen vollkrickelt.
Das Ganze ist wieder wie eine Reality-Dokumentation inszeniert, vor allem Stromberg kommentiert mit seinem Schnapp-Lachen eifrig in die Kamera hinein. Das funktioniert als Stimmungskanone beim zähen Betriebsfest, aber nicht als Spielfilm im Kino. Die Bissigkeit des Serienfolgen erreicht das große Format fast nie, nur mal wenn im Hintergrund die Titelmelodie zu „Jenseits von Afrika" läuft und jemand ins Besprechungszimmer souffliert, wie vieler Toter des Betriebsjahres noch gedacht wird. Selbstverständlich ist das Vorstandsfest mit Prostituierten aus dem wahren Geschäftsleben bekannt als „Sex-Skandal" der Ergo-Versicherung. Und auch deswegen nicht besonders provokativ. So bleibt am Schluss nur die Wende Strombergs bemerkenswert und die Entdeckung eines romantischen Herzens. Oder eines Herzes überhaupt. Doch gerade mit der einzig originellen Idee des Films schießt „Stromberg" sich versicherungstechnisch nicht erstattungsfähig selbst ins Knie: Wer will einen verliebtes Ekel als Gewerkschafts-Ikone sehen?