USA 2013 Regie: David O. Russell mit Christian Bale, Bradley Cooper, Amy Adams, Jeremy Renner, Jennifer Lawrence 138 Min. FSK: ab 6
Irving Rosenfeld (Christian Bale) und Sydney Prosser (Amy Adams) sind ein klassisches Betrügerpärchen, die Kreditsuchenden ein paar Tausender abknöpfen. Bis die Betrüger selbst vom FBI reingelegt werden. Agent Richie DiMaso (Bradley Cooper) will mit ihner Hilfe ein paar größere Fische der Korruption zu überführen. Zuerst den angesehenen Bürgermeister Carmine Polito (das ist „sauber" auf italienisch!) überführen. Der engagierte Bürgermeister (Jeremy Renner mit Elvis-Locke) von Camden in New Jersey will mit nicht ganz legalen Investitionen die Spielerstadt Atlantic City aufmöbeln. Gierig greift der FBI-Mann DiMaso mit seinem Plan nicht nur Politiker an, sondern auch noch die ehrenwerte Familie, die seit jeher das Glücksspielgeschäft kontrolliert. Derweil wird aus der doppelten eine dreifache Eifersucht, weil nicht nur Edith die beiden Männer im Komplott ausspielt und an sehr kurzer erotischer Leine hält. Es gibt da noch Rosalyn (Jennifer Lawrence), die Ehefrau Irvings, die aufgrund ihrer Beschränktheit die Mafia sehr nervös macht. Hier treffen sich endgültig die Stile von Scorsese und den Coens zu einer grandiosen und gut gezeichneten Drama-Komödie.
In „American Hustle" liegen sich die Leute weniger in den Haaren, als dass sie mit ihren Haaren lügen: Schon die erste Szene zeigt, wie Irving seine seitlichen Strähnen mühsam über die Halbglatze legt und ein Haarteil anklebt. Richie, der sich sehr schön oft albern zeigt, läuft zuhause mit kleinen Lockenwicklern rum und auch Edith antwortet bei einem Telefongespräch mitten im Frisuraufbau. Nur Robert DeNiro als Oberboss der Florida-Mafia trägt seine Glatze mit Stolz. DeNiro und Mafia - das ist wirklich echt. Zum Spaß über eitle Männer und ihre Haare gesellt sich die Geschmacksnerven herausfordernde Mode der Disco-Periode. Der Film spielt schließlich Ende der 70er-Jahre.
Nach eigenem Drehbuch schickt Russell seine „Silver Linings"-Stars Bradley Cooper und Jennifer Lawrence samt Kollegen durch einen Strudel absurd-verrückter Einfälle und Explosionen. Ihm gelingen reihenweise ganz große Szenen, wenn zum Beispiel Irving und Polito im italienischen Restaurant Tom Jones' „Delilah" schmettern oder wenn das einzige Geständnis von Sydney zum großen Auftritt und zur Abrechnung wird. Diese Sydney Prosser von Amy Adams ist besonders faszinierend, wenn sie bedroht und verletzt ist. So wird sie zur Verführerin zwischen zwei Tricksern und nicht nur Irving fragt sich, welche Gefühle echt sind.
Dass nur Fälschungen alter und teuerer Meisterwerke an den Wänden hängen, ist sicher. Die ganze Echtheits-Expertise wird auf die Spitze getrieben, als Irvings vorgeblich reicher Scheich, der eigentlich in Queens Häuser isoliert, vom FBI durch einen noch falscheren falschen Scheich ersetzt wird. Doch diese Figuren, obwohl manchmal albern und herrlich lächerlich, sind in ihren emotionalen Motiven spürbar (und) echt. Darin ist „American Hustle" einmalig und deswegen so großartig.
Zu den vier Oscar-Nominierungen muss man unbedingt die Extra-Rolle der genial eingesetzten Songs würdigen: Schon die Musik allein ist von Duke Ellington zum Kennenlernen bis Bowies „Jean Genie" ein Genuss. Der falsche Scheich bekommt eine arabische Version von Jefferson Airplanes „White rabbit" (durch Mayssa Karaa) aufs Ohr. Und wenn dann Rosalyn nach ihrem Verrat mit Gummihandschuhen zu „Live and let die" (Wings) die Wohnung putzt, während Irving eine Plastiktüte über den Kopf gestülpt bekommt, weiß man, dies wird ein Klassiker.