21.12.11

Sherlock Holmes - Spiel im Schatten

USA 2011 (Sherlock Holmes: A Game of Shadows) Regie: Guy Ritchie mit Robert Downey jr., Jude Law, Jared Harris, Noomi Rapace, Stephen Fry 128 Min. FSK ab 12

Zweiter Teil und doch sensationell: Die Fortsetzung der in Retro-Futurismus getauchten Sherlock Holmes-Verfilmung ist dank eines hervorragend aufgelegten Guy Ritchie ein großartiger Action-Spaß mit tollen Figuren und einer erschreckend treffenden Anti-Kriegs-Thematik.

Europa wird von Bomben-Attentaten erschüttert und Watson (Jude Law) heiratet. Es bleibt unklar, was von beiden schlimmer ist für Meisterdetektiv Sherlock Holmes (Robert Downey jr.). Doch mit seiner Gabe, Dinge vorauszuberechnen, wird der Junggesellenabschied in einer Spielhölle zum Multitasking-Abenteuer. Holmes befragt eine Hellseherin (Dragon Girl Noomi Rapace aus „Millennium") nach deren Bruder, rettet sie vor einem kosakischen Killer und mischt den ganzen Laden kräftig auf. In rasender Abfolge von Schlägen und Wendungen führt die Spur zum Erzfeind Professor Moriarty (Jared Harris), der bald Holmes geliebte Feindin Irene Adler (Rachel McAdams) ermordet. Sie ist jedoch nur ein Bauernopfer im großen (Schach-) Spiel zwischen Holmes und Moriarty, bei dem es nebenbei darum geht, einen Weltkrieg zu verhindern.

Neu ist die Idee nicht, dass der Oberschurke große Mächte für sich gewinnbringend aufeinander hetzen will, das gab es in zahllosen Filmen, Bonds, dem letzten „Mission Impossible" und sogar im parodistischen „Johnny English". Doch diese innere Triebfeder bleibt im Hintergrund und die vorgeführte Mechanik ist auf allen Ebenen zum Staunen. Erst einmal ist der Action-Clown Holmes in vielen Verkleidungen damit beschäftigt, eifersüchtig zu sein. Das Beziehungsdrama mit Watson geht so weit, dass Holmes die frisch vermählte Ehefrau aus dem Zug wirft und sich selbst in Frauenkleidern mit dick Lippenstift neben den Partner legt. Allerdings fliegen ihnen da auch schon wieder Kugeln um die Ohren und die Mordinstrumente kommen alle aus einer Fabrik. Die düstere Waffenschmiede bei Heilbronn (Mischung zwischen Mauser und Krupp) ist zum Bersten gefüllt mit Todesmaschinen, die grimmige Germanen zu gerne auf Holmes und seine Gefährten richten.

Diese stärkste Szene des Films verbindet für Ritchie typische Zeitlupen und -raffer, brutale Einschläge in Super-Slow-Motion und die Poesie extrem gestylter Stilleben, die zuletzt in „Melancholia" des Lars von Trier zu erleben waren. Der Schrecken gigantischer Kanonen, die erst im Ersten Weltkrieg zum Einsatz kommen werden, ist nicht die einzige, deutliche politische Stellungnahme. Moriarty macht finster lächelnd klar, dass der Geist des Kapitalismus mit der für die Exportbilanz so wichtigen Waffenindustrie ganz von allein Kriege produziert, dass es gar keines Bösewichtes bedarf, um Staaten gegeneinander aufzuhetzen. Wenn Moriarty Holmes zu den Klängen von Schuberts Forelle zur Folter an den Fleischerhaken hängt, ist dies auch ein kleiner Vorgeschmack vom Nazi-Grauen-Klischee des Hochkultur-Barbaren.

Doch dies ist nur ein Aspekt des gelungenen Comebacks von Guy Ritchie. Mit großem Vergnügen stürzte sich der frisch Getrennte in die Möglichkeiten des Steampunk, lässt Holmes 1891 mit dem ersten Auto durch London fahren und zieht die Erfindung des Giftgases ein Viertel Jahrhundert vor. Robert Downey jr. gibt seinem Holmes kräftig Zucker, dessen Depression aus Teil Eins ist verschwunden, vielleicht liegt es an den Cocablättern aus seinem Büro. Jude Law geht zurückhaltend in die Rolle des Watson auf. Nebenbei ist es herrlich, wie die stockschwule Oscar Wilde-Wiedergeburt Stephen Fry Holmes' schwulen Bruder Mycroft gibt. Eigentlich auch nicht verwunderlich, dass das Universalgenie Fry hier mitmacht, denn dieser „Sherlock Holmes" ist tatsächlich eindrucksvolle Action mit Stil und Köpfchen.