Rekordjahr und Neuanfang
Köln. Mit einer bislang unerreichten Produktionssumme von 315 Mio. Euro schließt die „Film- und Medienstiftung NRW" das Jahr 2011 ab. An 953 Drehtagen im Bundesland gab es reichlich „Star-Alarm", wie die neue Geschäftsführerin Petra Müller begeistert referierte. Das erste komplette Jahr unter ihrer Leitung charakterisiert sie mit „Phase 1", welche die Grundlage schaffen soll, um „dem Standort NRW eine größere Lebendigkeit zu geben". Die nationale und internationale Präsentation des Standortes NRW, der „in den letzten Jahren nicht die angemessene Wahrnehmung" erhalten habe, liegt Petra Müller am Herzen. So war die Filmstiftung auch auf der MIP, der TV-Messe in Cannes vertreten. Die gewohnten Festivalerfolge im starken Arthouse-Sektor fuhren 2011 Lars von Triers „Melancholia" in Cannes und bei den Europäischen Filmpreisen ein. Der ebenfalls vielfach ausgezeichnete „Pina" von Wim Wenders ist sogar noch im Oscar-Rennen.
133 Filme - vom internationalen Starkino bis zu Abschlussarbeiten der Kölner Filmschulen - wurden 2011 insgesamt mit 30,5 Mio. Euro gefördert. Für jeden Euro Förderung aus NRW werden mindestens 1,50 Euro in Nordrhein-Westfalen ausgegeben. 2011 lag der so erzielte „NRW-Effekt" bei 244 Prozent, jeder Fördereuro wurde also rund zweieinhalbmal im Land ausgegeben. So gelingt es über das NRW-Förderbudget hinaus, weiteres Geld in die NRW-Filmwirtschaft zu leiten. Die Gesamtherstellungskosten der in diesem Jahr geförderten Filme liegen insgesamt bei 315 Mio. Euro – ein Rekord für die Filmstiftung seit ihrer Gründung 1991.
Noch unter dem Eindruck von der Begegnung mit Michael Caine, der gerade in den Hürther MMC-Studios die Dreharbeiten zu „Mr. Morgan's Last Love", dem neuen Film vom Sandra Nettelbeck abgeschlossen hat, kennmerkte Petra Müller die Bilanz des Rekordjahres von drei Entwicklungen: Es gäbe eine verstärkte Rückkehr zu Literaturverfilmungen. Ungewöhnlich erfolgreich war der mit 3,9 Mio. geförderte Dokumentarfilm - nicht nur wegen der Erfolge von „Pina". Auch Künstlerbiografien wie „Gerhard Richter Painting", „Charlotte Rampling – The Look" oder „Brasch – Das Wünschen und das Fürchten" seien sehr gut im Kino angekommen. Zuletzt wäre auch wegen größerer Finanzierungsprobleme ein enormer Zuwachs der Koproduktionen zu verzeichnen gewesen, die von einen Drittel auf die Hälfte der geförderten Filme anstiegen. Ein weiteres wichtiges Förderfeld ist der Kinder- und Jugendfilm mit als Höhepunkt „Tom Sawyer". Andererseits wird es für die Kinos immer schwieriger, Kinderfilm zu zeigen, weil das junge Zielpublikum am Nachmittag kaum noch Zeit hat.
Neue Medien kommen beim Film unter
Die größte Änderung zeigt schon der zur „Film- und Medienstiftung NRW" erweiterte Name der bislang „reinen" Filmstiftung. Die zusätzliche Förderung von Projekten wie „Conserve the Sound", einem Online-Portal für verschwindende Geräusche, mit 30.000 Euro und der Fun-App „Feen flatschen!" (15.000 Euro) lassen den Filmetat unberührt. Zusätzliche 1,5 Millionen Euro für drei Jahre sorgen dafür, dass nicht das Geräusch eines Filmprojektors oder das Öffnen einer Kinotür demnächst mit zu den ausgestorbenen Geräuschen gehören. Petra Müller wollte in diesen frühen Stadium noch keine konkreten Ergebnissen in Sachen Konvergenz von Film und neuen Medien anführen, man sei selbst dabei, die Möglichkeiten der in NRW enorm starken Wachstumsbranchen Games und Digitales Marketing auszuloten. Überraschenderweise zeigten sich eher bei den Dokumentarfilmern Verbindungen zum Thema Crossmedia, der medienübergreifende Behandlung eines Themas, wie in diesem Jahr schon mit der crossmedialen Serie „Alpha 0.7" geschehen. Beim AV-Gründerzentrum, an dem die Filmstiftung mit 25,1 Prozent beteiligt ist, seien die Hälfte der Anmeldungen aus dem digitalen Bereich, fügte Christina Bentlage, Leiterin der Förderung der Filmstiftung, hinzu.
Die Pressekonferenz in Köln war vielleicht die erste der letzten vom Film bestimmten Jahresbilanzen, doch es gibt für die nächsten Jahre noch genug Film zu drehen und zu sehen. 2012 kommen für den Dreh von „Zwei Leben" von Georg Maas Liv Ullmann, Juliane Köhler und Devid Striesow nach Nordrhein-Westfalen und in „Rush" von Ron Howard spielt Daniel Brühl Rennfahrer Niki Lauda.