18.3.08

Juno


USA 2007 (Juno) Regie: Jason Reitman mit Ellen Page, Michael Cera, Jennifer Garner 96 Min. FSK: ab 6
 
Wie wunderbar und furchtbar, die Welt mit anderen Augen zu sehen und zu empfinden. Vielleicht eher furchtbar und anstrengend, wenn man selber drin steckt. Und ziemlich wunderbar, wenn man es im Kinosessel mit Abstand erleben darf. Das Sagenhafte an der der 16-jährigen Schülerin Juno ist ihr heiterer und auch mal sarkastischer Optimismus. Mitten im (Teenager-) Leben und ein neues Leben mitten im Bauch, meistert Juno die Klippen der Pubertät mit Klasse, Spaß und liebenswerter Weisheit.
 
Juno - sagenhaft keck und klug gespielt von der Kanadierin Ellen Page - weiß was sie will. Sex mit dem nicht besonders attraktiven oder coolen Paulie (Michael Cera aus "Superbad") zum Beispiel. Der Sessel, auf dem sie sich entjungfern lässt, hat fortan Reliquien-Status im Film. Ansonsten geriete die Sache schnell in Vergessenheit. Wenn da nicht schon in der ersten Szene einer der witzigsten Schwangerschaftstest der Filmgeschichte stattgefunden hätte. Und vor allem ein unverklemmter: Juno säuft einen ganzen Getränkeshop leer, kauft die Teststreifen im Zehnerpack, meckert und flucht wie ein Berserker.
 
Auch das rotzfreche Geständnis bei den Eltern ist ein Knaller: Junos Vater (toll: J.K. Simmons) und Stiefmutter (Allison Janney) reagieren einfach nur gut. Allerdings weiß noch keiner, dass Juno gerade ihre Morgenübelkeit in die dekorative Vase im Flur entsorgt hat. Herrlich komisch balanciert die kleine, zierliche Juno, die sich mit wachsendem Bauch in einen "wandelnden Wal" verwandelt, Peinlichkeiten und Pragmatismus.
 
Überraschend und völlig frei von Klischees denn auch der nächste Schritt: Juno will ihr ungeborenes Kind zur Adoption freigeben und schaut sich mal die möglichen Eltern im reichen Vorort an. Die Beziehung zwischen der perfekten Workaholic-Frau (toll angespannt: Jennifer "Alias" Garner) und dem frustrierten Künstlergatten eröffnet dem Film ein ganz neues Spielfeld, in dem Juno mit traumwandlerischer (Un-) Sicherheit für Dauerlachen, Mitfreuen, Nachdenken und sogar noch für Romantik sorgt. Die zeigt sich in Form eines Briefkastens voller orange-farbener Tic-Tacs. Wie sich solche Runnings-Gags um den Laufsportler Paulie ebenso wie tiefer gehende Themen schlüssig durch den Film ziehen, wirkt hier plötzlich selbstverständlich und ganz einfach. Stimmig auch die Farbdramaturgie, sowie die gar nicht wirklich niedlichen Folksongs.
 
Jason Reitman, Sohn des berühmten Komödienregisseurs und Produzenten Ivan Reitman ("Ghostbusters", "Kindergarten Cop"), realisierte diese Film-Sensation mit Herz, Witz und Verstand. Vor allem aber steht die Drehbuchautorin Diablo Cody hinter Juno. Ihren Oscar nahm die ehemalige Stripperin im schillernden Abendkleid entgegen, welches ihre Tattoos schön zur Schau stellte. Sie gehört offiziell zu den 50 intelligentesten Menschen Hollywoods und das versprüht auch jeder Satz Junos - wie der ganze Film ein Volltreffer.