5.3.08
Im Tal von Elah
USA 2007 (In the Valley of Elah) Regie: Paul Haggis mit Tommy Lee Jones, Charlize Theron, Susan Sarandon 122 Min. FSK: ab 12 Jahre
Ist diesem Patrioten denn gar nicht mehr zu helfen? Da scheint ein Schauspieler unter der ganzen Last einer moralisch zerfallenden Nation in sich selber zu versinken: Tommy Lee Jones hat am Ende des (letzte Woche angelaufenen) Endzeit-Westerns "No country for old men" den Kampf gegen das ultimative Böse und Brutale aufgegeben. In seiner eigenen Regie-Arbeit "Die drei Begräbnisse des Melquiades Estrada" reitet er meilenweit, um seinen ermordeten mexikanischen Freund gerecht gerächt unter die Erde zu bringen. Und als "Men in Black" war er doch auch eigentlich der Einzige, der bei den vielen coolen Sonnenbrillen den Durchblick bewahrte. Nun muss er als passionierter Patriot und schlechter Vater erkennen, dass die Werte seiner alten Welt auf den Kopf gestellt wurden.
Tommy Lee Jones spielt den Polizisten und ehemaligen Soldaten Hank Deerfield. Mit harter Hand erzog er seinen Sohn Mike, in die Fußstapfen der eigenen Soldatenstiefel zu treten. Der einst ängstliche Junge ging nach Bosnien, dann in den Irak. Was von dort zurück kam, findet Vater Deerfield zerstückelt und verbrannt auf einer Wiese neben der Straße. Wenige Tage nach der Heimkehr aus dem Irak wurde Mike brutal ermordet. Nun versucht der Polizist im Gefilde des Militärs die Mörder zu finden. Dabei entdeckt er zum einen, was für ein Monster sein Sohn wurde. Und er muss sich die Frage stellen, ob er ein guter Soldaten-Vater war. In der letzten Szene hisst der Patriot Hank die amerikanische Nationalflagge falsch herum, nachdem er anfangs einen ausländischen Hausmeister wegen dieses Fehlers maßregelte. Denn die umgekehrte Fahne bedeutet beim Militär: Eine Nation in Gefahr!
Die Verrohung amerikanischer Soldaten im Irak als Spiegelbild der US-Außenpolitik - zum exakt gleichen Thema lief beim letzten Festival von Venedig auch Brian de Palmas Schein-Doku "Redacted". Dort hat man gesehen, wie amerikanische Soldaten morden und vergewaltigen. Doch Regisseur Haggis, der mit "Crash" ein faszinierend differenziertes und einfühlsames Panorama amerikanischer Unnahbarkeiten zeichnete, erzählt "Im Tal von Elah" mehr. Der ohne viel Gewalt sehr packende Kriminalfilm verzeichnet nuancenreich die grausame Erkenntnis eines Vaters, jahrelang ein falsches Vorbild vorgelebt zu haben: Die Geschichte von David, der im Tal von Elah einst den Riesen Goliath besiegte, sollte dem Kind Mut machen. Um dessen Angst kümmerte sich der Vater aber nicht. Er muss sie viel später aus den Reste von Mikes Leben herauslesen. Tommy Lee Jones - inzwischen tatsächlich eine Art moralischer Instanz im amerikanischen Schauspiel - verkörpert in den vielfältigen Schattierungen seines nur vordergründig harten Gesichts dieses Drama auf fesselnde Art.