6.11.07

Abbitte


Großbritannien 2007 (Atonement) Regie: Joe Wright mit Keira Knightley, James McAvoy, Romola Garai 123 Min. FSK ab 12
 
"Abbitte", der erfolgreichste Roman des Britten Ian McEwan, wurde weltweit über drei Millionen Mal verkauft und in mehr als 20 Sprachen übersetzt. Den Leser beschäftigt angesichts der Verfilmung die spannende Frage, wie Regisseur Joe Wrights mit dem Happy End umgeht. Denn im Roman spielt die Autorin Briony mit genau dieser Erwartung und lässt das Schicksal der Liebenden Cecilia (Kiera Knightly) und Robbie (James McAvoy) im Dunklen.
 
Es ist ein Tag wie aus dem Bilderbuch einer vergangenen Epoche und eines überkommenen Standes. An diesem flirrend heißen Sommertag des Jahres 1935 herrscht Aufregung am Landsitz in Surrey. Die 13-jährige Briony (Saoirse Ronan) erwartet sehnsüchtig den Besuch des erwachsenen Bruders, ihre ältere Schwester Cecilia weiß nicht, wie sie mit Robbie umgehen soll. Der Sohn der Haushälterin und Protegé des Vaters war immer Freund, intellektuelle Herausforderung und Seelenverwandter. Doch jetzt ist da mehr. In einer zentralen Szene am üppigen Brunnen im Garten zerbricht ein Krug, Cecilia taucht spärlich bekleidet nach den Scherben. Aus einiger Entfernung interpretiert die unreife Briony die Szene falsch...
 
Durch eine arrogante Dummheit von Briony, der eingebildeten, 13-jährigen Schwester von Cecilia, wird Robbie in die Grauen des 2. Weltkrieges geworfen. Die raffiniert selbstreflexive Geschichte des Romans erzählt die Ereignisse aus drei Perspektiven samt Überschneidungen. Auch der Film spielt mit seiner Konstruiertheit, nimmt Brionys Schreibmaschinen-Tippen in die Filmmusik auf, lässt es sie später selber als minimale Melodie anspielen und setzt dieses Motiv immer wieder ein. So wird der Sommertag des Jahres 1935, für den Robbie im blutigen Schlachten und Briony als Krankenschwester büßen werden, zum Anfang des ersten und letzten Romans eben dieser Briony.
 
Trotz der kunstfertigen Konstruktion blieb ist "Abbitte" eine bewegende Liebesgeschichte. Regisseur Wright macht seine Sache richtig gut: Sein Film berührt und inspiriert im gleichen Maße. Kiera Knightly beeindruckte schon in Wrights Austen-Verfilmung "Sinn und Sinnlichkeit", sie ist fast perfekt für Rolle der eleganten, lebensfrohen jungen Frau. Kiera hat höchstens etwas zu viel Eleganz und zuwenig Sinnlichkeit. James McAvoy, der Darsteller des Robbie, bringt ein gutes Gesicht mit, in dem Melancholie und Schmerz um den Mund spielen.
 
Die britische Produktion zeigt die Grauen des Krieges in Frankreich im Vergleich zum Roman eher mild, fast poetisch. Eine enorm aufwändige Fahrt durch die auf Schiffe nach England wartenden Soldaten im Strandbad Dünkirchen betont die Absurdität des Geschehens. Doch wirklich eindrucksvoll ist "Abbitte" in der Konzentration auf die Figuren und ihre Abhängigkeiten.