12.7.06

Poseidon


USA 2006 (Poseidon) Regie: Wolfgang Petersen mit Josh Lucas, Kurt Russell, Jacinda Barrett 98 Min. FSK: ab 12
 
Es war ja eigentlich ein zynischer Scherz, dass nach dem Erfolg von "Titanic" sicher "Titanic 2" auftauchen würde. Doch jetzt geht es tatsächlich wieder auf einem Luxus-Schiff rund, beziehungsweise: unter. In "Poseidon" können die Zuschauer nachempfinden, wie es sich in einem kieloben treibenden Schiff ertrinkt: Atemlos. Denn so laufen die Versuche einer tapferen Truppe ab, der Mausefalle zu entkommen.
 
Zuerst wird in einem ewig langen, digitalen Vorbeiflug das Luxus-Schiff Poseidon vorgeführt - siehe "Titanic". Bei "Troja" begeisterte sich Regisseur Petersen ja so über die digitalen Effekte, obwohl sie damals teilweise erbärmlich aussahen. Nun lässt er sich nach "Der Sturm" zum zweiten Male von einer gigantischen Hollywood-Welle mitreißen. Damals konzentrierte sich der Kampf der Seebären um George Clooney auf die Psyche der verzweifelten Männer im Sturm. Nun weht eine Welle aus zahllosen gefährlichen Situationen jede differenziertere Charakterzeichnung fort.
 
Auf der Poseidon feiert man Silvester unter Freunden und Fremden. Die schicken, reichen Gäste machen zwar nicht die Welle, aber dafür das Meer - und zwar gewaltig! Eine 50 Meter hohe Riesenwand wirft den Kahn mit Naturgewalt um und wie drinnen die Menschen kegeln, fallen, stürzen, durch die Luft geschleudert werden, zeigt der Film mit einer befremdlichen Deutlichkeit. Hier hat die "Poseidon" einen Vorteil gegenüber der "Titanic": Musste man damals Stunden auf die Katastrophe warten, ist hier schon nach 15 Minuten der Untergang erledigt.
 
Dann gewinnt unser Hollywood-Mann von der Waterkant, Wolfgang Petersen, aus dem Schiff, das Kopf steht, reizvolle Action-Kulissen und immer wieder spannende Spiele mit den Elementen. Wassereinbrüche, klar! Aber ein enorm hoher Sturzbach aus Benzin, der sich selbstverständlich bald entflammt - das ist mehr als die übliche Katastrophe unorigineller Drehbuch-Schreiber. Am Ende zieht es sogar - lebensgefährlich kräftig...
 
Das Remake von "Die Höllenfahrt der Poseidon" aus dem Jahre 1972 bleibt bei den Figuren allerdings gähnend konventionell. Ein Mikrokosmos mit legalen und illegalen Passagieren kristallisiert sich aus den wenigen Überlebenden heraus. Eine Zwangsgemeinschaft, die sich auf eigenen Wegen durch den Schiffsrumpf nach oben und draußen kommen will. Robert Ramsey (Kurt Russell), ein ehemaliger Feuerwehrmann und überfürsorglicher Vater, erweist sich als großer Anführer. Der egoistische Spieler Dylan Johns (Josh Lucas) läutert sich zum hilfsbereiten Helden. Der alte Arzt Richard Nelson (Richard Dreyfuss) wollte sich umbringen, weil ihn sein Liebhaber verließ - angesichts der Todeswelle kämpft er wieder um sein Leben...
 
All diese Schicksale tauchen seit Jahrzehnten auf Katastrophen-Flügen, -Schiffen oder -Hochhäusern auf. Die "Poseidon" schafft es dabei, den Hindernisparcours auf dem Weg zur Frischluft so dicht zu staffeln, dass man die Figuren gut vergessen kann.