8.2.21
Beginning / Mubi
Das georgische Spielfilm-Debüt „Beginning" von Déa Kulumbegashvili wird nach seiner Auflistung beim ausgefallenen Cannes Filmfestival 2020 überall gefeiert. In Toronto, Rotterdam und San Sebastián gab es Preise, die Kritiken sind euphorisch. Dabei fordert der Arthouse-Film mit extrem langen Einstellungen, Handlungs- sowie Bewegungs-Armut: Während im Gottesdienst die Geschichte von Abraham und Isaak, diese besonders sadistische Prüfung im repressiven Glaubens-System, gepredigt wird, fliegt ein Brandsatz ins Gemeindehaus der Zeugen Jehovas. Die generell feindliche Haltung gegen die Sekte belastet auch die Ehe des Gemeindeleiters. Sie wollen nicht mehr das Gleiche und während er in der Hauptstadt um ein neues Gemeindehaus bittet, wird seine Frau Yana von einem vermeintlichen Polizisten drangsaliert und schließlich vergewaltigt.
„Beginning" deutet den Leidensweg Yanas in langen ereignisarmen Einstellungen fast ohne Kamerabewegungen an. Schon die Bildkompositionen sind ein Gefängnis für die Frau. Quälend langsam die Bedrohung durch den Fremden, der sie schließlich in ungeschnittener Echtzeit vergewaltigt. Nach einer Stunde sehen wir Yana sieben Minuten lang von oben regungslos im Laub liegen. Das ist rätselhaft und auch meditativ – in anderen Filmschulen würde man es als Zeitverschwendung bezeichnen.
Nach dem großartigen georgischen „Als wir tanzten" ist das Debüt von Déa Kulumbegashvili mit sehr hohen Anforderungen an Konzentration und Geduld vielleicht nicht das richtige fürs Heimkino. Selbst auf der Kunstkino-Plattform Mubi ist „Beginning" auch für Zuschauer ein langer Leidensweg, bis nach zwei Stunden der große Schock des unverständlichen Abrahamschen Opfers (oder eher Medea?) „genossen" werden darf.
„Beginning" (Dasatskisi, Georgien, Frankreich, 2020), Regie: Dea Kulumbegashvili, mit Ia Sukhitashvili, Rati Oneli, Kakha Kintsurashvili, Saba Gogichaishvili, 130 Min. Im Anschluss ein erläuterndes Interview mit der Regisseurin, FSK: keine Angabe