27.8.17

The Limehouse Golem

Großbritannien 2016 Regie: Juan Carlos Medina mit Bill Nighy, Olivia Cooke, Eddie Marsan, María Valverde 110 Min. FSK: ab 16

Morde in Londons düsteren Gassen am Ende des 19. Jahrhunderts gehen auch ohne Jack the Ripper: Diesmal regt sich die Öffentlichkeit über sehr grausame Taten auf, die sie dem Golem von Limehouse zuschreiben. Den Namen hat man auch schnell dazu erfunden. In dieser Geschichte von Außenseitern und Sündenböcke ist selbst der untersuchende Inspektor John Kildare (Bill Nighy) direkt ein Opfer - als Homosexueller bekommt er den schwierigen Fall nur um zu scheitern. Vorverurteilt ist ebenfalls die Schauspielerin Elizabeth Cree (Olivia Cooke). Sie soll ihren schriftstellernden Mann John Cree (Sam Reid) vergiftet haben. Wobei dieser schnell auf die Liste der Verdächtigen der Limehouse-Morde kommt. Die übrigen, historisch realen Kandidaten ergeben ein kritisches Spiegelbild der Viktorianischen Zeit: Der Varietékünstler Dan Leno (eindrucksvoll: Douglas Booth) verarbeitete Zeitgeschehen spöttisch wie heute Late Night-Shows. Autor George Gissing war bekannt für seine Milieu-Studien der Arbeiterklasse, Karl Marx machte daraus seine Theorie des Klassenkampfes.

So überladen wie im Hintergrund um Soziales und Gender ist der Thriller „The Limehouse Golem" auch in seinem Look. Die typischen düsteren Gassen sollen den Fäulnisgeruch der elenden Verhältnisse Londons evozieren, die expliziten Details der sadistischen Morde den Verfall der Gesellschaft drastisch ins Bild bringen. Zudem verheben sich Drehbuch von Jane Goldman („Kingsman: The Golden Circle", „Die Insel der besonderen Kinder") und die komplexe Montage mit mehreren Ebenen und Rückblenden. Das gelingt nur manchmal und ist in den Figurenzeichnungen stellenweise packend. Vor allem das Leben der als Kind vergewaltigten und von der Mutter mit glühender Nadel verstümmelten Schauspielerin Elizabeth Cree, die unter der Obhut des Varietés von Dan Leno zum Star wird, lässt sich mit Interesse verfolgen. Die Sucht von Schauspielern, Dichtern und Mördern, „jemand" in der Öffentlichkeit zu sein, ist allerdings kein neues Thema und die „Überraschung" riecht man schon von weitem.