28.2.17

Der junge Karl Marx

Frankreich, BRD, Belgien, 2016 Regie: Raoul Peck mit August Diehl, Stefan Konarske, Vicky Krieps, Olivier Gourmet 118 Min.

„Der junge Karl Marx" müsste eigentlich heißen: „Als das Kommunistische Manifest noch jung war"! Raoul Peck („Haiti: Tödliche Hilfe", „Lumumba - Der Tod des Propheten") ist ein exzellenter Regisseur mit klarer linker Agenda. So beginnt der Film 1843 mit armen Menschen, die im Wald ein paar Äste einsammeln und dafür von berittenen Horden brutal niedergeknüppelt werden. Karl Marx (August Diehl) kommentiert im Off, dass das Volk vor allem das Unrecht der Gesetze, die dies Sammeln als Diebstahl bezeichnen, trifft. Das ist Teil des sozialen Bewusstseins des 26-jährigen Marx (August Diehl), der darüber in der Rheinischen Zeitung schreibt und deswegen im Gefängnis landet. 1844, im Pariser Exil, erhofft er sich mit seiner Frau Jenny (Vicky Krieps) etwas mehr (Presse-) Freiheit und trifft dort den jungen Friedrich Engels (Stefan Konarske). Der ständig klamme Familienvater verachtet den Sohn eines Fabrikbesitzers aus Manchester, der mit Goldknöpfen Kommunismus preist. Aber seine Einsichten in die Lebenssituation des englischen Proletariats sind „kolossal". Einsichten, zu denen Engels auch über seine geliebte kämpferische Irin Mary Burns (Hannah Steele) kommt, die Baumwollspinnerin, die sein Vater entlassen hat.

Einige Zwischen-Szenen vermitteln das Elend des Proletariats, andere die Brutalität seiner Unterdrückung. Wie Karl und Jenny auch aus Frankreich verbannt werden und in Brüssel ärmlich Unterschlupf finden, ist Teil der Geschichte, die etwas holpert. Da treffen die beiden Freunde und Ko-Autoren das Wer-ist-wer der internationalen sozialistischen Bewegung, den angesehenen Franzosen Pierre Proudhon (Olivier Gourmet), den russischen Anarchisten Michail Alexandrowitsch Bakunin. Man intrigiert, redet vor schäbigen Häuflein von gerade mal zwanzig Leutchen. Doch im Finale greifen die Autoren Marx und Engel zur Tat, kapern eine internationale Bruderschaft und legen mit dem „Kommunistischen Manifest" die Grundlage zum Aufstieg des Kommunismus. Erst der Abspann macht dann die Bedeutung dieser Gedanken bis hin zu den heutigen Banken-Krisen deutlich.

Raoul Peck ist politischer als dieser Film zunächst wirkt und bricht im Vorbeifilmen die philosophischen Diskussionen und Streitereien der linken Vordenker auf dieses Bio-Pic runter. Ein Gefühl für die Zeit kommt bei den vielen Studioaufnahmen nicht wirklich rüber. Zu leicht wirken Briefwechsel, das Schreiben von Artikeln und Büchern ist nur in einer Szene bei Kerzenlicht viel aufwändiger als in computer-unterstützten Zeiten. Hier muss der Film über seine Dialoge wirken und kann das oft vor allem dank des überragenden Spiels von August Diehl. Vicky Krieps stellt daneben packend eine einflussreiche Frau und Mutter dar, wenn es ihnen auch schwer gemacht wird, weil sie ihre Szenen deutsch synchronisieren mussten und das nicht immer gelingt.