28.12.14

Herz aus Stahl

Großbritannien, VR China, USA 2014 (Fury) Regie: David Ayer mit Brad Pitt, Shia LaBeouf, Logan Lerman, Michael Peña, Jon Bernthal 134 Min. FSK: ab 16

Mitten im Schlachtfeld, einem echten Schlachtfeld - also nicht sprichwörtlichem - voller zerstörter und brennender Panzer reitet jemand auf einem weißen Pferd zwischen den Rauchschaden. Ein edler Ritter? Etwas Reines mitten in den besonders mörderischen letzten Monaten des 2. Weltkrieges? Mitnichten: Ein amerikanischer Soldat springt den Reiter an, den wir jetzt als Wehrmachtsoffizier erkennen und ersticht ihn, unter anderem direkt durchs Auge. Es ist der von Brad Pitt gespielte Panzerführer Don „Wardaddy" Collier. Diese erste Szene passt wie die Faust auf Auge des drastischen Kriegsfilms „Herz aus Stahl", denn es wird noch vieles von verstörender Eindeutigkeit im Zerstören von Leben und Körpern auf die Augen und in die Magengrube geben.

Ein Kriegsfilm, der mit der Prominenz von Brad Pitt verkauft werden soll; ein mit Matsch, Blut und Körperfetzen gezeichnetes Schlachtgemälde, das seltsam altmodisch daherkommt aber durch seine expliziten Schilderungen nachhaltig irritiert. Im Zentrum rollt und schießt der „Fury" (so der Originaltitel) getaufte Panzer der Amerikaner „irgendwo in Deutschland. Zur überlebenden Besatzung, denen gerade ein „Kamerad" gestorben ist, gehören der ziemlich wahnsinnige Latino-Amerikaner Trini „Gordo" Garcia (Michael Peña), der völlig wahnsinnige Nachlader Travis (Jon Bernthal), der verhinderte Priester Boyd „Bible" Swan (Shia LaBeouf) und jetzt als Ersatz der absolute Frischling Norman Ellison (Logan Lerman), eine Schreibkraft. Zuerst muss er den Sitz seines Vorgängers saubermachen, ein großer Teil von dessen Gesicht klebt noch am Boden. Noch jünger sind die deutschen Kinder, die mit Panzerabwehrwaffen im Hinterhalt liegen, wobei sich eine „Ladehemmung" bei Norman zeigt. Zur Abhärtung zwingt ihn dann sein Befehlshaber Collier, einen Gefangenen erschießen. Und diese „psychologische" Kriegsführung hat Erfolg, von nun an feuert der junge Mann ebenfalls wie ein Wahnsinniger auf all die Nazis da draußen - bis er sich den Spitznamen „The Machine" verdient hat. Und seltsamerweise keine Zeichen von Reue zeigt.

Dafür sind diese wenigen Kriegstage des Films auch zu kurz und zu dicht. Es sind düstere, schmutzige Stunden, bestimmt vom Braun des Matsches, vom Grün der Uniformen. Diese Farben vermischen sich in den Leichenhaufen, die mit dem Schaufelradbagger vergraben werden. „Herz aus Stahl" verbreitet auch durch die Ton-Begleitung von verstörendem Pfeifen und ungewöhnlichen Chöre in den Spannungs-Szenen immenses Grauen. Eine, bei ruhigerer Taktung der Schnitte, ganz andere Wirkung als die Überwältigung beim „Soldat James Ryan".

Pitts Figur ist dabei keineswegs positiv, nur seine Crew schwört auf ihn und seine Fähigkeit zum Überleben, die sie wohl schon in Nordafrika „zusammengeschweißt" haben, um noch eines der verharmlosenden Worte zu einer Kameraderie von Mördern zu verwenden. Denn seltsamerweise kann man den Film bei aller Abschreckung im Bild auch als Glorifizierung des einfachen Befehlsempfängers in Uniform sehen. Große Fragen werden nie gestellt. Es geht gegen Hitler und immer darum, ein paar der eigenen Jungs zu retten. Dann fliegen
zerfetzte Körper durch die Luft, andere werden von den Panzerketten zerquetscht wie weiche Früchte, ein brennender Soldat erschießt sich selbst. Der Kommentar von Wardaddy dazu: „Ideale sind friedlich, die Geschichte ist gewalttätig."

Gänzlich kippt der Kriegsfilm durch eine unsinnige und unglaubwürdige Heldentat am Ende. Der in seiner Darsteller vorher schockende Film wird nun zum Computerspiel mit einer ekligen Ladung morbidem Pathos. Denn jetzt geht es an einer völlig unbedeutenden Kreuzung von zwei Feldwegen nicht mehr darum, jemanden zu retten oder zu schützen. Jetzt sollen nur möglichst viele SS-Soldaten umgebracht werden. Allerdings ohne die grimmige Überzeichnung von Tarantinos „Inglorious Basterds". Damit verspielt der Film alles, was vom Schrecken des Krieges zuvor spürbar gemacht wurde. Nur Norman erfährt eine Gnade eines Auswegs aus der blinden Schießwut. Eine Gnade, die er selbst längst nicht mehr gewährt.