16.4.14

Yves Saint Laurent

Frankreich 2014 Regie: Jalil Lespert mit Pierre Niney, Guillaume Gallienne, Laura Smet, Charlotte Le Bon, Marie de Villepin (Betty Catroux), Nikolai Kinski 106 Min. FSK: ab 12

Schöne Oberflächen - tiefe Liebe

Die Schönheit - darum ging es Yves Henri Donat Mathieu-Saint-Laurent (1936 - 2008) nach Aussage seines Lebenspartners Pierre Bergé (Guillaume Gallienne) vor allem. Das sollte einen schönen Film ergeben und vielleicht noch mehr, denn der Modeschöpfer für die Eliten Yves Saint Laurent soll ja auch einiges revolutioniert haben. Nach vielen schönen Bildern bleiben eine bewegende Liebesgeschichte und die Demontage einer schwachen Persönlichkeit. Erkenntnisse über Mode sind ziemlich fadenscheinig.

Yves Saint Laurent (eindringlich: Pierre Niney) übernimmt Ende der Fünfziger mit 21 Jahren die künstlerische Leitung von Dior, des größten Modehauses Frankreichs. Dabei artikuliert der schüchterne Mann versteckt hinter seiner dicken Brille bescheiden und genau seine Rolle. Vor allem im tosenden Applaus wirkt der hagere Mann wie ein Schuljunge. Er sei unfähig, draußen in der Welt zu überleben, meint er auch bei einem privaten Essen.

Der Krieg in Algerien, wo seine Familie als Kolonialisten lebt, bringt ihn in den Wehrdienst und umgehend in die Geschlossene Psychiatrie. Manisch depressiv sei er, doch gerade in diesem Moment erinnert sich Yves an die Verachtung und Prügel, die er als schwuler Jugendlicher erleben musste. Wegen dieser „unpatriotischen Haltung" wird er bei Dior rausgeschmissen und startet mit dem erfolgreich eingeklagten Schadensersatz sein eigenes Modehaus unter Leitung von Pierre Bergé. Pierre ist Liebhaber, Freund, Geschäftsführer und immer wieder Halt im Leben des berühmten aber schwachen Modemachers. Der Weg vom Klosterschüler zum Superstar bringt viele Verführungen, Drogen und eine rasch verfallende Gesundheit mit sich. Während sich der Kreative von einer Haute Couture-Kollektion zur nächsten schleppt, erzählt der Film eine große Liebesgeschichte. Die jedoch auch wegen der Eifersucht um Yves platonischer Freundin, sein „Super-Model" Victoire (Charlotte Le Bon), von zunehmender Bitterkeit geprägt ist. Schon bevor „Yves Saint Laurent" seine Rahmenhandlung beendet, ist er der Film des übermenschlich geduldigen Pierre Bergé geworden, der ja schon immer der Erzähler war. Eine jahrzehntelange Beziehung, die 2008 auch als Ehe besiegelt wurde, sich aber bei Wikipedia mit einer Trennung schon 1976 etwas anders darstellt.

Danach gibt es dann eine hemmungslose Affäre mit dem Liebhaber von Karl Lagerfeld (Nikolai Kinski), der als Randfigur immer wieder auftaucht, verschiedene, berühmt gewordene Entwürfe wie den Hosenanzug oder ein Mondriaan-Kleid. Insgesamt erscheint bei aller Leidenschaft des vor allem extrem haltlos dargestellten Yves Saint Laurent sein Leben als ein nicht besonders ereignisreiches. Der Film interessiert sich marginal für die Mode, konzentriert sich auf Beziehungsleben und persönliche Entwicklung - recht dünn für fast zwei Stunden. Aber auch wenn er angeblich als erster ein dunkelhäutiges Modell auf den Laufsteg schickte und exzessive lebte, war Yves Saint Laurent nur ein konservativer Ausstatter für die Eliten. In Ulf Poschardts weiter und tiefer blickenden Mode-Analyse „Anpassen" kommt er auch auf gerade mal drei Erwähnungen. So wird ein schönes, oberflächliches Filmchen seiner Figur vielleicht doch gerade gerecht.