2.4.14

Nymphomaniac - Teil 2

Dänemark, BRD, Frankreich, Belgien, Großbritannien 2013 Regie: Lars von Trier mit Charlotte Gainsbourg, Stellan Skarsgård, Shia LaBeouf, , Jamie Bell, Willem Dafoe 124 Min. FSK ab 16

Die Fortsetzung zum heiß beworbenen, neuen Lars von Trier beginnt mittendrin und mit einem Schock: Die verwundete Joe (Charlotte Gainsbourg), die titelgebende Nymphomanin, erzählt ihrem Retter Seligman (Stellan Skarsgård), wie sie während der recht braven Beziehung mit Kind zu ihrer alten Liebe Jerôme (Shia LaBeouf) die Fähigkeit zum Orgasmus verlor. Damit verlöre der Film irgendwo im fünften von acht Kapiteln seinen Gegenstand, wenn es nicht längst um mehr als nur den Sex ginge. Im fortlaufenden Duett aus Joes Beichte und Seligmans kulturhistorischer und psychologischer Absolution bereisen wir mit der älteren Joe, nun von Gainsbourg selbst gespielt, auch den Bereich „des Konzepts der Religion", das ebenso interessant wie das des Sexuellen sei. Wobei Ausführungen über die Ost-Kirche und die West-Kirche mit dem Untertitel „The silent duck" vor allem in die umwerfend komische Situation eines zerstrittenen Sandwichs zwischen zwei gut gebauten Schwarzen münden. Nach einem Exkurs zum politischen korrekten oder feige verlogenem Gebrauch der Worte - der „Nazi von Trier" leckt seine Wunden - beginnt Joes S/M-Phase unter der Peitsche von K (der in „Snowpiercer" noch so sanft wirkende Jamie Bell), die wieder eine Diskussion über den frauenverachtenden Lars von Trier anfachen wird. Die Antwort gibt der Däne direkt mit dem Kapitel „The Gun" in der Joe nun als Geldeintreiberin (für Willem Dafoe, im Gegensatz zu „Auge um Auge" diesmal der Fordernde) mit sexuellen Mitteln ihre „Kunden" quält. Bis zur Rache des betrogenen Biedermannes Jerôme. Im persönlichen Kammerspiel gesteht der Literat Seligman, dass er asexuell, eine Jungfrau, unschuldig ist. Deshalb würde er auch nie über sie urteilen.

Das Urteil des Kritiker, meist eine Jungfrau auf dem Gebiet des praktischen Filmemachens, über diesen zweiten, beschnittenen Teil von „Nymphomaniac" fällt zwiespältig aus: Einzelne Szenen sind immer noch mutiger, klüger, raffinierter, provokanter, spannender als ganze andere Filme aus dem Kinoalltag. Ein kleiner, gemeiner Hinweis auf seinen „Antichrist" verweist auf die Trilogie der Depression (zusammen mit „Melancholia"), eine extrem brutale S/M-Szene wird allen Voyeuren den Spaß an wieder unverschämter Darstellung des Geschlechtlichen verderben. Doch im Gegensatz zum ersten Teil, der in einer 30 Minuten längeren Festivalfassung genossen wurde, empfindet man den sexuellen Niedergang von Joe eher als Stückwerk. So ist vor allem die feige Distribution des Kunstwerks als verstümmelter Zweiteiler mit einem Start-Abstand von mehr als einem Monat anzuklagen. Wobei noch wichtiger als ein Double Feature die integrale Version wäre, auch wenn sie fünf Stunden dauert.