2.5.20

Königin


Dänemark, Schweden 2019 (Dronningen) Regie: May el-Toukhy, mit Trine Dyrholm, Gustav Lindh, Magnus Krepper 127 Min.

Nach gefühlten Monaten von ach so Tollem und vielem Mäßigen bei Netflix und Co. zeigt dieser geplante Kinofilm, was wir alles an richtig guten Filmen verpasst haben könnten: Die dänische „Königin" sollte ab dem 9. April deutsche Kinos kontrollieren - da kam Corona dazwischen. Nun gibt es einen voreiligen digitalen Start ohne Kinos: Die grandiose Nummer von Trine Dyrholm als eiskalte Familien-Mutter und Liebhaberin ist ab 05. Mai digital erhältlich.

Die erfolgreiche Rechtsanwältin Anne (Trine Dyrholm) lebt ein gutes Leben mit ihrem Mann Peter (Magnus Krepper) und ihren Zwillingen in einer edel designten, sicher nicht ganz günstigen Villa. Anne ist vermeintlich liebevoll und kompetent, kümmert sich bei der Arbeit um Gewaltopfer. Doch schon im Alltag zeigt sich bei Streitereien ein Monster, das alles kontrollieren muss. Als Peter beschließt, seinen lange vernachlässigten 16-jährigen Sohn Gustav (Gustav Lindh) bei sich aufzunehmen, startet die vom bürgerlichen Erfolg gelangweilte Anne eine Affäre mit dem labilen Jugendlichen in schwieriger Situation. Der täuscht zwar anfangs mal einen Einbruch im Haus vor, doch erst was Anne hinlegt, ist wirklich heftig.

Derartige menschliche Abgründe in dänischem Wohlstands-Design sind nicht überraschend, doch immer wieder beeindruckend. Und nach Wochen mit Netflix-Diät ist Dänemarks Oscar-Beitrag von 2020 noch mal ein Augen- und Emotions-Öffner. Regisseurin May el-Toukhy zeigt immer wieder auffallenden Stil im Bild, doch die Präsenz von Trine Dyrholm als kaltes Monster macht „Königin" außerordentlich gut. Ihre Anne kann keine Fehler eingestehen und hat selbst kein Mitgefühl für eine junge Klientin, die sie zur Aussage gegen ihren Vergewaltiger überredet. Dabei ist die Anwältin keineswegs eine Bovary, die ausbrechen muss. Eher ungeliebt und aus Langeweile beginnt sie eine unverantwortliche Affäre. Und als die rauskommt, geht sie in den Gegenangriff. „Königin" packt ohne überzogenes Drama mit vielen kleinen spannenden Momenten und atemberaubend amoralischen Wendungen.