28.5.18

Letztendlich sind wir dem Universum egal

USA 2018 (Every day) Regie: Michael Sucsy, mit Angourie Rice, Colin Ford, Maria Bello 98 Min., FSK ab 6

Eine Teenie-Romanze mit geradezu weltbewegender Weisheit ist fast so ein Wunder, wie ein Wesen, dass jeden Morgen in einem anderen Körper wach wird. Der Film mit dem längsten, sinnfreien Titel der Filmgeschichte „Letztendlich sind wir dem Universum egal" ist viel mehr als er scheint, quasi ein Rumi-Murmeltier.

„Every day" heißt „Letztendlich sind wir dem Universum egal" im Original, und „jeden Tag" erwacht ein Teenager mit besonders staunendem und neugierigen Blick auf die Umgebung. Denn da ist eine .... Seele, so nennen es Buchautor David Levithan und Film, die aus unerklärlichen Gründen jeden Tag im Körper eines anderen jungen Menschen wach wird. Mal Junge, mal Mädchen, mal schwarz, mal asiatisch oder weiß. Dann blind oder im Rollstuhl und sogar auf einem Operationstisch! An sich schon eine äußerst faszinierende Vorstellung, jeden Tag einen anderen jungen Menschen mit seinem Alltag, seinen Sichtweisen und innersten Träumen kennenzulernen!

Als sich die Seele A, wie sie sich selbst nennt, in die 16-jährige Schülerin Rhiannon (Angourie Rice) verliebt, fordert der tägliche Hüllen- und Tapetenwechsel allen Beteiligten einiges ab. Zum Glück erfolgt die morgendliche Wiedergeburt immer relativ nah beim alten Wirt, der von den letzten 24 Stunden in Fremdbesetzung keine Ahnung mehr hat. Vor allem aber dauert es eine Weile, bis Rhiannon diese unglaubliche Geschichte glaubt, die ihr völlig unterschiedliche Menschen aufbinden wollen. Am ersten gemeinsamen war „A" noch ihr richtiger Freund, der sich sonst jedoch noch nie so liebvoll, aufmerksam und intensiv um sie gekümmert hatte. Dieser wunderschöne Tag veranlasst die gute Seele von ihrem Prinzip abzuweichen, das Leben seiner Gastwirte möglichst nicht zu stören.

Das ist „Und täglich grüßt das Murmeltier", das erinnert mit dem täglichen Körperwechsel an die wunderbare japanische Animation „Your Name", ist aber auch etwas ganz anderes. Selbstverständlich echot hier das Gefühl Pubertierender herum, dass Körper und Seele nicht immer im Einklang stehen: „Wer bin ich und wie viele?" Aber wie wäre es eigentlich, jeden Tag jemand anders lieben zu können? Also lieben mit allem drum und dran. Eine große Frage für die Seele A und für Rhiannon. Und überhaupt: So überzeugend wurden im Teenie-Film noch nie Äußerlichkeiten negiert. Hier wird tatsächlich mal auf innere Werte Wert gelegt.

Wird hier das Prinzip Wiedergeburt ein Teeniefilm-Quickie runtergebrochen? Suchen sich hier zwei Hälften von Platons Kugelmenschen? Muss das LGBT (Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender) um eine alles umfassende Seele A erweitert werden? Je länger „Every day" läuft, umso mehr begeistert man sich auch beim Zusehen für die Ideen des gleichnamigen Jugendromans von David Levithan. Die Hauptfigur mit den vielen Gesichtern kennt die Farbe Blau in fünfzig verschiedenen Varianten, sieht die Welt immer aus anderen Augen. Welche unglaubliche Weisheit, wie viel Mitgefühl muss so eine breite Einsicht erzeugen? So eine „Exkursion" wäre das ideale Umerziehungsprogramm für alle Faschisten, Rassisten, Sexisten und uns alle anderen sicher auch.

Das Filmische hält sich dabei ähnlich zurück, wie die Hauptdarstellerin Attraktivität vermeidet. Nur zwei, drei Mal eröffnet das Bild ähnlich große Visionen wie die Geschichte. Die führt derweil spannende Lebens-Varianten vor, die leider immer nur ein paar Minuten andauern. So muss sich auch die Seele A nach jedem Wechsel fühlen. Dass sie einmal ausgerechnet im Körper von Rhiannon wach wird, ist auch eine vor allem erzählerisch geniale Volte.

Trotzdem kann der Teenie-Film für jedes Alter auch große Romantik, viel Gefühl und ein paar Scherze des immer entspannteren Paares. Aber bis zum bittersüßen Ende ist „Every day" vor allem ein unglaublich lebenskluger, weiser Film nach einem wahrscheinlich ähnlich guten Roman.