27.3.18

Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer

BRD 2018 Regie: Dennis Gansel mit Solomon Gordon, Henning Baum, Annette Frier, Christoph Maria Herbst, Uwe Ochsenknecht 110 Min. FSK ab 0

Festhalten! Hier rumpelt und knarzt es nicht wie in der Augsburger Puppenkiste, sondern auf Hoher See in den Planken von Piraten der Karibik. Im Meer treibend (wie einer der Tausend Flüchtlinge von heute!) wird Findelkind Jim von der Wilden 13 aufgelesen und landet dank falscher Postzustellung auf der kleinen Insel Lummerland. Hier kehrt in die Verfilmung von Michael Endes Kinderbuch „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer" die Beschaulichkeit der Vorlage ein: Die Insel mit zwei Bergen ist eine Modelleisenbahn-Welt, bevölkert vom Lokomotivführer Lukas (Henning Baum), der großherzigen Frau Waas (Annette Frier), dem schusseligen König Alfons (Uwe Ochsenknecht) und seinem stocksteifen Bediensteten Herrn Ärmel (Christoph Maria Herbst). Zusammen ziehen sie den dunkelhäutigen Jim (Solomon Gordon) liebevoll auf, bis dieser mit Lukas ins Abenteuer aufbricht.

Bei der Ankunft in der die wundersamen Welt von Mandala wird die Geschichte fantastisch, auf der Suche nach der entführten Prinzessin Li Si sind gefährliche Schluchten, weite Wüsten, dunkle Berge und Vulkan-Welten zu überwinden. Drachen, Bürokraten, Scheinriesen (toll: Milan Peschel) und Zwerge begegnen Jim Knopf und Lukas.

Nach eher nicht fantastischen Film-Umsetzungen von Endes „Momo" und „Die unendliche Geschichte" gibt es bei „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer" die volle Punktzahl für die Ausstattung. Denn vor allem war's teuer: 25 Millionen Euro sollen in dem Projekt stecken, da lachen sich einige Figuren in einer gewissen Puppenkiste ins hölzerne Fäustchen. Die Titelmelodie der bislang prägenden Puppenspiel-Version von „Jim Knopf" klingt noch an, ansonsten ist hier alles anders und größer. Der teuerste deutsche Kinderfilm zeigt immer wieder bombastische Bilder, scheint aber kein Vertrauen in sie zu haben.

Tatsächlich bleibt der Film im Spagat zwischen der einfachen Geschichte Endes und den aufwändigen Produktionsmitteln stecken. Ohne großartige Neuinterpretation oder reizvolles ästhetisches Konzept der Einfachheit bleiben Jim Knopf und Lukas im Wüstensand der Belanglosigkeit hängen. Da wirkt dann auch der im Abstand von 60 Jahren so großartig erinnerte Roman von Michael Ende aus der Nähe betrachtet wie ein unspektakulärer Scheinriese. Die vor allem niedliche Grund-Geschichte mit humanistischem Kern verirrt sich in Richtung atemloses Abenteuer, ohne dass wirklich Dampf auf dem Kessel ist.

Einerseits ist „Jim Knopf" mit fast zwei Stunden spürbarer Laufzeit sowieso nicht kindgerecht, trotzdem versucht die Produktion auch im Tausend-Wunder-Wald gar nicht erst, mit aktuellen Fantasy und Kinder-Filmen mitzuhalten. Am aufregendsten ist da noch etwas Bud Spencer-Action des gutmütigen Lukas. Dass dieser von Henning Baum wenig eindrucksvoll gespielt wurde, dass Solomon Gordon für seinen Jim Knopf nachsynchronisert werden musste, sind nur kleine Unstimmigkeiten.

Hinter den Kulissen zog Michael Bully Herbig die Fäden und besetzte ein paar Aufgaben mit Vertrauten, wie den Maskenbildner Georg Korpás und den Komponisten Ralf Wengenmayr („Der Schuh des Manitu"). Herbig selbst spricht den kleinen, glatt 3D-animierten Drachen Nepomuk. Doch der und das ganze Projekt sehen mal nicht nach dem ansonsten mit guter Nase erfolgreichen Herbig aus. „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer" ähnelt vielen deutschen Ver-Filmungen literarischer Werke, die Charme und Eigenheiten des Originals auf der Strecke lassen.