19.1.15

Missverstanden

Italien, Frankreich 2014 (Incompresa) Regie: Asia Argento mit Giulia Salerno, Charlotte Gainsbourg, Gabriel Garko, Carolina Poccioni, Anna Lou Castoldi, Alice Pea 107 Min. FSK: ab 12

Asia Argento wird als Schauspielerin, Tochter und neuerdings auch als Regisseurin verehrt oder gehasst. Das erbte sie direkt von Papa Dario Argento, ein berüchtigter Horror- und Slasher-Regisseur aus Italien. So überrascht es nicht, das Asia Argento in ihrer dritten Regie „Missverstanden" eine Neunjährige zeigt, die hat einen berühmten Vater (Gabriel Garko) im Filmgeschäft hat und ein erfolgreiche, extrem exzentrische Pianistin als Mutter (Charlotte Gainsbourg). Die vernachlässigte Tochter heißt nicht Asia, sondern Aria (Giulia Salerno). Ihr Familienleben ist eine chaotische Hölle mit Streits und Trennungen. Die Momente ekstatischer Freude und Feiern sind mitten in den 80ern zeitweise so absurd, wie die Filme, in denen der eitle Papa spielt. Kein Wunder, wenn dann die Mädchen mit Barbie eine Vergewaltigung aus dem Film des Vaters nachspielen. Nach der Trennung der Eltern fliegt Aria immer wieder beim Vater raus und wird bei der Mutter und deren neuem Liebhaber nicht mehr reingelassen. Aria streunt als verstoßenes Kind nachts durch die Straßen, hat typischen Mädels-Spaß, macht sich die gleich Kurzfrisur wie die Freundin und raucht mit ihr auf der Schultoilette.

„Missverstanden" ist nach Asia Argentos düsterem, heftigem „The Heart is Deceitful Above All Things" aus 2004 eher ein Kinderversion der Geschichte vom verlorenen Mädchen oder verlorener Frau, wenn auch keineswegs kindgerecht. Der Film wirkt in der bunten, lebendigen Inszenierung meist leicht und reizvoll wie die Fantasie des Mädchens Aria, die dafür Preise gewinnt und immer wieder zur Erzählerin wird. Ein toller Soundtrack bringt zusammen mit den Kostümen die Zeitstimmung sicher rüber. Wild, leidenschaftlich, verrückt, chaotisch, so wie Asia Argento selbst immer spielt, ist ihre, sorry: Arias Mutter in „Missverstanden". Charlotte Gainsbourg überzeugt als haltlose Künstlerin mit schnell wechselnden Männern, die als Mutter völlig ungeeignet ist. Noch eindrucksvoller ist nur die junge Giulia Salerno als Aria. Großartig gespielt und exzellent geführt. Asia Argento, weist jeden autobiographischen Bezug zurück. Doch die grausam schöne Tragödie einer Kindheit endet mit dem Satz: „Ich habe euch das nicht erzählt, um mich als Opfer dazustellen, sondern damit ihr mich besser versteht. Und vielleicht seid ihr dann etwas netter zu mir."