5.9.22

Hive


Kosovo, Schweiz, Mazedonien, Albanien 2020, Regie: Blerta Basholli, mit Yllka Gashi, Çun Lajçi, Aurita Agushi, 84 Min., FSK: ab 12

Wenn eine Frau bedroht wird, weil sie den Führerschein gemacht hat und Auto fährt, muss das nicht Saudi-Arabien sein. Auch in Europa gibt es solch furchtbar rückständige Männer, wie diese bewegende, aber nicht spekulative Geschichte über eine mutige Frau aus dem Kosovo zeigt.

Die Männer sind weg und wo sie sind, ob sie noch leben, ist quälend ungewiss. Jahre nach einem serbischen Überfall, bei dem hunderte Männer deportiert und wahrscheinlich umgebracht wurden, versucht Fahrije (Yllka Gashi) nach einem Leichenfund wieder einmal, ihren Mann unter den verwesten Körpern zu entdecken. Ein verzweifelter Ausbruch im harten Alltag der Frau, die mit ein paar Bienenstöcken Kinder und den Schwiegervater im Rollstuhl kaum ernähren kann, den Haushalt macht, einkauft und auch noch Wasserleitungen repariert. Und trotzdem keine Rechte hat. Dem Vorschlag einer Fraueninitiative, den Führerschein zu machen, folgt sie als einzige. So kann sie den selbstgemachten Ajvar, die Balkanspezialität aus Paprika und Auberginen, in die Stadt zum Supermarkt fahren und das Einkommen gleich mehrerer Frauen und Familien sichern. Doch die Männer, die den ganzen Tag im Café rumsitzen, schmeißen Fahrije die Autoscheibe ein, bezeichnen sie als Hure. Nachdem sie auch das Frauenzentrum demoliert haben, wehrt sich die mutige Frau und wirft auch einen Stein in die Kneipe der faulen Machos.

Regisseurin Blerta Basholli ist im Kosovo geboren und aufgewachsen. Mit 16 Jahren flüchtete sie mit einem Teil ihrer Familie nach Deutschland. 2011 kehrte sie an ihren Geburtsort zurück. Auch die packende Geschichte der Fahrije ist authentisch, heute führen die Kinder der Frau das Unternehmen weiter. Selbst wenn einige Szenen frei erfunden wurden, sucht „Hive" nicht möglichst dramatische Momente und Erschütterung des Publikums, sondern Wahrhaftigkeit in den gewöhnlichen Emotionen, im alltäglichen Kampf. Das gelingt dermaßen, dass der stille und doch kraftvolle Film auf dem Sundance-Filmfestival 2021 gleich mit drei Preisen ausgezeichnet wurde.