12.12.05

Alles ist erleuchtet


USA 2005 (Everything is illuminated) Regie: Liev Schreiber mit Elijah Wood, Eugene Hutz, Boris Leskin 106 Min. FSK ab 12
 
Eine Skurrilität des deutschen Startkalenders, dass am gleichen Donnerstag zwei "Gefährten des Rings" einen neuen Film bringen: Während Regisseur Peter Jackson seinen riesigen "King Kong" los lässt, brilliert "Hobbit" Elijah Wood in einem außergewöhnlichen, kuriosen und erinnernden Werk. Und auch bei der "Family Stone" dreht sich alles um einen Ring.
 
Sie ist zwar noch nicht tot, aber ihr Gebiss kommt schon mal in die Sammlung des Enkels: Jonathan Safran Foer (Elijah Wood) sammelt an einer großen Wand in Klarsicht eingetütete Erinnerungsstücke seiner Familie. Eine Heuschrecke in Bernstein und ein Foto vom Großvater zusammen mit dem Namen der Ortschaft Trachimbrod in der Ukraine bringt den skurrilen Amerikaner mit dem ängstlichen Blick hinter dicken Brillengläsern auf eine Reise nach Europa.
 
Am Bahnhof von Odesa begrüßt ihn Alex (Eugene Hutz), der sich als Hip-Hopper wähnt, aber dessen Englisch mit seltsam sperrigen Formulierungen gepflastert ist. Seine Familie verdient mit "Jewish Heritage Tours", mit "Jüdischen Erinnerungs-Reisen" ihr Geld. So gehört zu Jonathans Begleitung im sozialistischen Arbeiterklasse-Wagen der aus Überzeugung blinde und antisemitische Großvater (Boris Leskin) am Steuer und hinten neben dem Gast die bissige Töle Sammy Davis Junior Junior (sic!), die mit einem T-Shirt bekleidet immer als Running Gag mitläuft. Dass Jonathan Angst vor Hunden hat, wird kaum belächelt, aber ganz und gar ignoriert. Ebenso wie sein total abstruser Wunsch, Essen ohne Fleisch zu sich zu nehmen. Die ganze Umgebung bedenkt ihn mit einem dieser Blicke, die Vegetarier nur noch in Bayern und anderen Gebieten erleben, die bald durch Rinderwahn, BSE und Kreutzfeld Jakob entvölkert sein werden.
 
Man kann sich noch über viele Kuriositäten in diesem "Clash of Culture" amüsieren, bis die gemischte Truppe tatsächlich in Trachimbrod und in der Vergangenheit des Holocaust ankommt. Bei Lista, einer entfernten Verwandten Jonathans finden sie eine Wand mit Schachteln mit Erinnerungen an ein Dorf, dass es nicht mehr gibt.  Im März 1942 wurden dort 1024 Juden nach grausamen Erniedrigungen ermordet.
 
Die Verfilmung des gleichnamigen Romans von Jonathan Safran Foer findet langsam vom oberflächlich witzigen "Kulturvergleich" (die dummen Ukrainer, haha - die dummen Amis, haha) zu einem tieferen Kern. Schauspieler Liev Schreiber (der Sohn der Politikerin im Remake von "Der Manchurian-Kandidat") erzählt in seiner ersten Regie eine Geschichte, die Erinnerung sein will, nie rührselig wird. Das ist befremdlich und etwas gewöhnungsbedürftig. Am Ende ergreift sie aber doch, gibt sie etwas von Jonathans süßer Melancholie ab, in einem Verlust eine Heimat wiedergefunden zu haben.
 
PS: Und mittendrin in all der überwältigenden Trauer fällt "Hobbit" Elijah Wood der völlig unnötige Satz ins Gesicht: "It is because of the ring we are all here!!!!" (Wir sind wegen des Ringes hier!)