Dänemark, BRD 2019 (Journal 64) Regie: Christoffer Boe, mit Nikolaj Lie Kaas, Fares Fares, Fanny Leander Bornedal 119 Min. FSK ab 12
Es ist etwas faul im Staate Dänemark - hinter dem heilen Hygge-Image erzeugten protestantische Reinheits-Psychosen erschreckende Abgründe, die zum aktuellen Rechtsextremismus leiten. Carl Mørck (Nikolaj Lie Kaas) und sein Assistent Assad (Fares Fares) führen Ermittlungen in einem neuen alten Fall zu furchtbaren Gewalttaten an „auffälligen" jungen Frauen.
Dieses Stillleben hinter einer geheimen Kopenhagener Wohnungswand erinnert nicht nur an den Tod, es ist ein dreifacher, mumifizierter Tod, ein grausiges Kaffeekränzchen. Stilisiert um einen Esstisch drapiert und mit Personalausweisen ausgestattet. Carl Mørck, der stark gestörte Fachmann für vergessene „Cold Cases", stürzt sich umso verbissener auf dieses Rätsel, weil sein Partner für die letzten drei Fälle und Filme, Assad (Fares Fares), zum Abschied ein paar anhängliche Worte hören will. Aber ob sie nun Monk oder Mørck heißen, diese menschenfeindlichen Typen sind für Gefühlsregungen nicht zu haben.
Vielleicht kommen die Verfilmungen („Erbarmen", „Schändung", „Erlösung") der gleichnamigen Thriller von Jussi Adler-Olsen deshalb so heftig daher, damit sie auch einen extrem abgekapselten Carl Mørck erreichen könnten. Denn das was angeklagt wird, ist scheinbar schon nach 10 Minuten klar: Alle drei Leichen hatten zu Lebzeiten mit einer staatlichen sozialen Einrichtung auf der Ostsee-Insel namens Sprogø zu tun. Dort wurden in den 50er-Jahren moralisch auffällige oder ungewollt schwangere Frauen in ein unmenschliches System aus Unterdrückung, Vergewaltigung und Verrat gezwungen. Doch ein Stuhl blieb leer in der Leichenkammer und dieser Hinweis führt Mørck, Assad und ihre Assistentin Rose (Johanne Louise Schmidt) zu einem rassistischen Arzt, der statt heimlichen Abtreibungen bei „unwerten" Frauen gegen deren Willen Sterilisationen durchführt. Früher für den Staat und heute prominent für eine Organisation, die den ganzen Staat unterwandert hat. Tatsächlich wurden zwischen 1934 und 1967 mehr als 11.000 dänische Frauen zwangsweise sterilisiert.
„Verachtung" ist grausig, drastisch und brutal. Dabei wieder exzellent inszeniert, fotografiert und gespielt. Flüssig wechseln Erzählebenen und Zeiten. Ob man, oder vor allem „frau", derart drastische Darstellungen sehen will, bleibt fraglich. Doch auch die vierte Verfilmung eines Thrillers von Jussi Adler-Olsen gelang spannend und schockierend. Immerhin geht es im Gegensatz zu ähnlich heftigen Schockern wie „Seven" hier um reale und aktuelle gesellschaftliche Verwerfungen geht, nicht um einzelne Film-Psychopathen. Zu viele, zu laute Rechtsextreme und irrationale Fremdenfeindlichkeit gibt es auch im sehr reichen Dänemark. „Some Thing Rotten", etwas Faules, kommentiert das Plakat einer Ausstellung im Geiste „Hamlets".