20.9.17

The Book of Henry

USA 2017 Regie: Colin Trevorrow mit Naomi Watts, Jaeden Lieberher, Jacob Tremblay, Sarah Silverman 105 Min.

Die typisch us-amerikanische Schulvortrags-Frage „Was wollen wir hinterlassen?" wird für den 12-jährigen, hoch-intelligenten Henry (Jaeden Lieberher) ganz schnell konkret. Er musste sich schon immer um seinen kleinen Bruder und seine wilde, unkonventionelle Mutter Susan (Naomi Watts) kümmern. Sie ist Videospiel-Junkie, spielt allerdings den Kindern auch Gutenacht-Lieder mit dem Banjo vor. Susan lebt selbstverständlich alleine, denn „so erwachsen wie Henry kann kein anderer Mann sein". Er erfindet auch tolle Maschinen und inszeniert herrlich spaßige Szenen für den kleinen Bruder, der wieder gemobbt wurde. An der Börse macht er so viel Geld, dass seine Mutter eigentlich nicht mehr im Café zu arbeiten bräuchte und auch ein neues Auto kaufen könnte.

Als sich das Pfeifen im Kopf zur Ohnmacht steigert, erklärt Henry dem Arzt auch die Diagnose seines Hirntumors selbst. Und den anderen Erwachsenen ihre Gefühle. Dann regelt er seinen Nachlass, zuerst die finanziellen Dinge und die letzten Einträge in sein Notizbuch. Der Plan, den ekligen Nachbarn zu überführen, wird für seine Mutter zum Lebenssinn.

Denn Henry weißt, dass seine Mitschülerin Christina (Maddie Ziegler) von ihrem Stiefvater Glenn (Dean Norris) sexuell misshandelt wird. Da die Schul-Direktorin nicht auf seine Hinweise gegenüber dem respektablen Polizeichef reagiert, entwickelt der Junge auf Basis seiner wachen Beobachtungsgabe und eines enormen Gerechtigkeitssinn seinen eigenen Mord-Plan, den er für seine Mutter auf witzige Weise zur Ausführung notiert.

Der sehr emotionale, schöne Film über Trauer und Weiterleben führt zur großen Frage: Was muss, was kann man tun, wenn man Unrecht miterlebt? Das betrifft das Nachbarhaus und die Weltpolitik. Die gelungene Inszenierung kann sich auf gutes Schauspiel bei Stars (Sarah Silvermann als alkoholkranke Kollegin) und Nachwuchs verlassen. Allerdings dreht der Film am Ende zu einem Thriller ab, bevor das märchenhafte Happy End alles wieder gut macht.