12.5.15

La buena vida - Das gute Leben

BRD 2014 Regie: Jens Schanze 94 Min. FSK: ab 0

Eine Doku über ein Naturvölkchen in Lateinamerika - nur was für Spezialisten also. Mitnichten! Schon die ersten Bilder von Zechensprengung und Fördereinstellung im Deutschland des Jahres 2012 macht - neben aktuellen Nachrichten über die Braunkohle - klar, dass wir genauso so ein Völkchen sind, dem ziemlich brutal der Boden unter den Füssen weggebaggert wird. Nur dass Jens Schanzes Film über die Indios vom Wayúu-Stamm viel interessanter ist, als das Wischiwaschi vom Wirtschaftsminister Gabriel zum dringend notwendigen Braunkohle-Stopp.

Am Horizont nähert sich mit lauten Explosionen eine Wunde im Boden dem Wald der Indios vom Wayúu-Stamm. Der Bergbau-Konzern Glencore zwingt die Menschen zur Umsiedlung und in Gesprächen mit dem Unternehmen, der an den Bodenschätzen der Allgemeinheit verdient, sagen dessen Vertreter brutal klar: Wie können es unseren Aktionären nicht zumuten, euch ausreichend Wasser zur Verfügung zu stellen! Diesem Affront stehen Bilder gegenüber, wie Jung und Alt mit den Händen Fische aus dem Fluss holen. Doch selbst dabei finden sie ironischerweise ein Stück Kohle im Wasser. Das wird übrigens auch genutzt, um die Straßen für die Kohlelaster staubfrei zu halten. So erzählt „La buena vida" von einer vorüber fließenden Fülle des Lebens und lässt ohne aufgesetzte Kommentare den eigenen Gedanken Freiraum.

Das Radio berichtet von Anschlägen der kämpferischen FARC-Rebellen, die Kohletransporte entgleisen lassen, während staatliche Paramilitärs schwer bewaffnet durch das kleine Dorf patrouillieren. Die eindrucksvolle Langzeitdokumentation zeigt ein paar Monate später erschütternd und grausam, wie die Menschen ihr eigenes Dorf abreißen und dabei eine Marien-Figur kurz und klein schlagen. Die trostlose neue Siedlung ist dann ein Schock - „hier kann man keine Leguane jagen".

Trotz der krampfartig präsentierten Bemühungen des Personals vom Konzern, sind dessen Handlungen ein einziger Hohn. Denn am Ende ist in der Neuansiedlung kein Wasser, kein Landbau möglich. Aber die Verantwortlichen, die wieder eine Gruppe rechtloser Menschen über den Tisch gezogen haben, sind stolz auf den Golfkurs im neuen Dorf. Und die deutschen Energiekonzerne verkünden den Bau neuer (umweltschädlicher) Kohlekraftwerke. Denn Regisseur Jens Schanze schlägt in seinem sehr klug montierten, exzellenten Film den Bogen zu unserem Energieverbrauch, der auch verantwortlich ist, dass jedes Jahr 1,5 Millionen Menschen für die Kohle umgesiedelt werden. Unter anderem beim ähnlich rücksichtslosen und menschenfeindlichen Braunkohle-Abbau in Deutschland.