2.2.15

Blackhat

USA 2014 Regie: Michael Mann mit Wang Leehom, Chris Hemsworth, Tang Wei, Viola Davis, Holt McCallany, Yorick van Wageningen 133 Min.

Mann, was für ein Film! Ein (Michael) Mann-Film, was trotz heftiger Action-Einlagen nicht Männer-Film bedeutet, sondern unvergleichbare Qualität jenseits aller Kategorien. Höchstens Steven Soderbergh brachte auf ähnliche Weise Szenen zustande, die so unerklärlich gut sind.

In China explodiert ein Kernkraftwerk. Nicht die übliche Panne, sondern das Attentat eines Hackers, wie wir in „Kamera-Fahrten" bis in den Mikrobereich der Computer-Platinen verfolgen können. Dann sind die Börsen dran: Der Soja-Preis, den sie sonst immer manipulieren, wird von außen in die Höhe getrieben. Chinas Armee setzt darauf Chen Dawai (Leehom Wang), einen genialen Computer-Spezialisten aus ihren Reihen auf den Fall an. Da mit dem gleichen Tarnprogramm „Black Hat" schon mal ein Angriff auf US-Kernkraftwerke stattfand, arbeitet sogar das FBI mit den Chinesen zusammen. Chens erste „Bitte" lautet, den verurteilten Hacker Nicholas Hathaway (Chris Hemsworth) aus dem Gefängnis zu holen, denn er schrieb in Studienzeiten zusammen mit Chen genau diesen Code. Bald entdecken sie, das Atomkraftwerk war nur die Generalprobe...

„Blackhat" ist ein „Action-Film der Dinge", der ganz eindeutig die Bedrohung des „Internets der Dinge" durch Hacker mit den Anschlägen auf die Twin Towers vergleicht. Nur heute braucht man kein Flugzeug mehr zu kapern, es reicht, ganz simple mit USB-Stick oder Email-Anhang die Kontrolle über eine banale Pumpe im Kühlsystem zu übernehmen. Zwar geht es zusammen mit Dawais Schwester Lien (Tang Wei) über Chicago, Los Angeles, Hong Kong und Malaysia nach Jakarta, doch Regisseur Michael Mann umkurvt auch hier ganz knapp die Klischees des Action- und Agenten-Films. Denn samt ausländischem Bösewicht Sadak (der Niederländer Yorick van Wageningen) könnte alles auch als langweiliger Bond-Film durchlaufen. Doch Mann packt mit anderen Schwerpunkten. Mit der Figurenkonstellation, deren Poster-Boy Chris Hemsworth eher mitgeschleppt wird, die aber durch die FBI-Agentin Carol Barrett (Viola Davis) und Hathaways Aufpasser, Marshall Mark Jessup (Holt McCallany) reizvoll erweitert wird. Da wirkt dann Atmosphäre statt Gerede zwischen den Personen. Die Spannung hält das „Wie" dauernd aufrecht. Nicht das „Wie wurden die Computer gehackt?", das ist sofort klar. Sondern, wie Mann das gemacht hat: Wie schon „Miami Vice" ist auch „Blackhat" ein Musterbeispiel der Veredelung von Banalem durch exzellentes bis geniales Handwerk.

Davon, also von Michael Mann, hat man viel zu lange nichts mehr gesehen, das wird einem während „Blackhat" schmerzlich deutlich. „Public Enemies" war 2009 sein letzter Kinofilm, danach produzierte er TV-Serien. Selbst sein „Miami Vice"-Remake war 2006 noch ein Musterbeispiel, wie ein Künstler ein festgelegtes Format auf spannende Weise aufladen kann. Doch Kenner schätzen ihn seit 1986 als er mit „Blutmond" (alternativer deutscher Titel: Roter Drache, englischer Originaltitel: Manhunter) die erste und immer noch beste Hannibal Lecter-Verfilmung ablieferte. Danach kam 1992 „Der letzte Mohikaner" mit Daniel Day-Lewis und Madeleine Stowe, sowie das grandiose Duell zwischen Al Pacino und Robert De Niro in „Heat" (1995)

Ein heftiges Feuerduell sei auch diesmal in „Blackhat" den Action-Fans versprochen, und das Finale mitten in überfüllten Straßen eines exotischen Folklore-Umzuges ist Erste Sahne. Doch das Dazwischen macht den Unterschied zwischen Massenware und Können aus - die Szenen dazwischen und in diesen dieses unsichtbare Etwas, diese Extra-Zutat von Michael Mann.