26.10.14

Das Salz der Erde (2014)

Frankreich, Italien, Brasilien 2014 (The Salt of the Earth) Regie: Wim Wenders, Juliano Ribeiro Salgado 110 Min.

Der aus Brasilien stammende, 70-jährige Fotograf Sebastião Salgado hat in den vergangenen Jahrzehnten auf allen Kontinenten im Geiste der sozialdokumentarischen Fotografie Vertreibung, Krieg, Hunger und Leid festgehalten. In großartigen Fotos und Bänden wie „Workers – Arbeiter. Zur Archäologie des Industriezeitalters", „Migranten" oder „Afrika". Als er an dem Gesehenen seelisch erkrankte, suchte er bewusst für seinen letzten Band „Genesis" das Schöne dieser Erde auf.

Durch die Hölle ins Paradies führt auch „Das Salz der Erde", die Lebensgeschichte dieses berühmten Fotografen. Sein Sohn Juliano Ribeiro Salgado begleitete ihn mit der Filmkamera rund um die Welt bei der Erstellung einiger seiner eindrucksvollen Bildbände. Später kam Wim Wenders als Ko-Regisseur hinzu und es entstand ein berauschender und bewegender Film: Wie der brasilianische Bildkünstler in seinen Fotografien die Flüchtlingsströme von Ruanda, der Verhungernden der Sahel-Zone oder die zigtausenden Arbeiter in einer brasilianischen Goldmine wiedergibt, ist atemberaubend, tief berührend und erschütternd. Große Fotokunst. „Das Salz der Erde" besteht über lange Strecken aus Schwarzweiß-Fotos, deren Entstehen Sebastião Salgado in Gesprächen mit - einem zu deutlich in Bild und Ton anwesenden - Wim Wenders selbst kommentiert. Sebastião Salgado fügt so den an sich schon enorm aussagekräftigen Fotos die Geschichte hinter dem Bild hinzu. Und er kann erzählen! Seine sanfte Stimme scheint noch mit allen durchlebten Erschütterungen zu schwingen.

So kämpft man angesichts von Unmenschlichkeiten, die nicht auf Naturkatastrophen sondern nur auf ungerechte Verteilung zurückzuführen sind, angesichts des Ausmaßes von Massakern denen Hunderttausende zum Opfer fielen, immer wieder mit den Tränen. Bis zum paradiesischen Ende, denn „Das Salz der Erde" ist auch die wundersame Wendung im Leben des Fotografen, den krank machte, was er sah und festhielt: Auf der Farm seiner Familie in Brasilien begannt er mit seiner Frau riesige Flächen vernichteten Regenwaldes mit Millionen von handgepflanzten Setzlingen wieder aufzuforsten. In Reflektion zu seinem letzten Bildband „Genesis", der unversehrte Schönheit der Erde zeigt, ein kleines Paradies. Wir erleben die „Freundschaft" Salgados mit Gorillas und einem Wal.

Salgado wurde 1944 in Aimorés, im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais, geboren. In São Paulo studierte er Wirtschaftswissenschaft und lernte seine Frau, die Pianistin Lélia Deluiz Wanick kennen. Wegen der Militärdiktatur floh das sozial engagierte Paar 1969 nach Paris. In den 70ern begann er zu fotografieren und wurde nach einigen Reportagereisen 1979 in die angesehene Agentur Magnum Photos aufgenommen. Er war 1981 zufällig beim Attentat auf den US-Präsidenten Ronald Reagan anwesend, die Fotos davon finanzierten weitere Projekte. Salgado reiste jahrelang durch die Welt, seine Frau und die beiden Kinder blieben in Paris. Sie hat dabei alle Fotobände mit gestaltet und herausgegeben. Der Film zeigt das Paar am Ende wieder in Brasilien, auf der mit Regenwald rekultivierten Fazenda, der Rinderfarm des Vaters.

Der Regisseur und Fotograf Wenders outet sich in und mit „Das Salz der Erde" als großer Verehrer von Salgado. Und auch wenn der Düsseldorfer als Erzähler und als Person selbst etwas zu präsent im Film ist, führt das eigene Wissen ums die Kunst der Fotografie zu einigen reizvollen Pointen in der Gesamt-Wucht dieses ganz großen Films. So ist die filmische Biografie ist nach der sensationellen 3D-Tanzdoku „Pina" wieder so ein Monolith von Wim Wenders in der Dokumentations-Landschaft.