27.5.13

Nach der Revolution

Frankreich, Ägypten 2012 (Baad El Mawkeaa) Regie: Yousry Nasrallah, mit Menna Shalabi, Bassem Samra und Nahed El Sebaï 122 Min.

Die Arabellion Ägyptens wird so schnell immer wieder neu umgewälzt, weiter- und zurückgedreht, dass „Nach der Revolution", der bei den 65. Filmfestspielen von Cannes 2012 im Wettbewerb lief, schon ein Jahr später wie ein historisches Dokument wirkt. Gleichzeitig gewährt er einen interessanten Insider-Blick auf die Brutalitäten während der Umstürze sowie gesellschaftliche Verwerfungen davor und danach.

Es sind zwei Welten, die sich hier in Kairo und Umland begegnen: Reem (Menna Shalabi) ist eine moderne Ägypterin mit eigenem Job in der Werbebranche und auch unabhängig von ihrem Mann, von dem sie sich gerade trennen will. Sie trifft sich in Polit-Gruppen, die für die Rechte der Frauen eintreten. Als Reem außerhalb der Stadt, bei den Pyramiden, dem Reiter Mahmoud (Bassem Samra) begegnet, reagiert sie erschrocken und fasziniert angesichts dieser rauen Männlichkeit. Hier draußen leiden alle Reiter, weil durch die Revolution der Tourismus und damit ihr Einkommen versiegte. Aber Mahmoud ist zudem geächtet, weil er bei einem Massaker auf dem Tahrir-Platz am 2. Februar 2011 zu den gekauften Reitern gehörte, die brutal auf die Demonstranten einschlugen. Mahmound wurde dabei vom Pferd gerissen und verprügelt. Das alles, mit Handys aufgenommen und verbreitet, macht ihn unter seinen Mittätern und unter den Revolutionären zum Geächteten. Anfangs entwickelt sich eine vorsichtige Romanze zwischen Reem und Mahmound, welche die Frau sehr erfüllt. Doch der gesellschaftliche Druck vor allem der politischen Gruppen Reems macht eine gute Entwicklung unmöglich.

Von dokumentarischen Aufnahmen der Kämpfe auf dem Tahir-Platz bis zu Spielszenen an einer riesigen, symbolträchtigen Mauer, die Nachbarn vom Geschäft mit den Großen Pyramiden abschneidet, erzählt der ägyptische Regisseur Yousry Nasrallah mittels seiner Liebesgeschichte in Zeiten der Revolution viel vom aktuellen Ägypten. Die soziale Trennung, die unterschiedlichen Geschlechter-Rollen in verschiedenen Gesellschaftsschichten, das Leben in der Stadt und auf dem Dorf, der traditionelle Umgang mit den Pferden und trotz Armut der Wunsch der Jungen, auch Reiter zu werden - „Nach der Revolution" ist reich an Einblicken in diese Region. So ist es fast ein journalistischer Film, der aber als Antriebskraft die Emotionen seiner gut gespielten Protagonisten und seine reizvollen Bilder nutzt. Yousry Nasrallah war Schüler des 2008 verstorbenen Youssef Chahine, der 1997 die Goldene Palme für sein Lebenswerk erhielt.