Wer hat Lust auf einen Streit über Corona-Masken, „Black Lives Matter", amerikanischen Waffenwahn, Verschwörungstheorien und den Niedergang der Demokratie? US-Regisseur Ari Aster, von dem nach „Beau Is Afraid" mit Joaquin Phoenix und den hochgelobten Horrorfilmen „Midsommar" sowie „Hereditary – Das Vermächtnis" viel erwartet wird, packt in seinen Corona-Western „Eddington" und das gleichnamige Dörfchen etwas zu viel Mikrokosmos für eine rundum gelungene Gesellschaftssatire. Alles beginnt mit dem Streit zwischen dem simplen Sheriff Joe Cross (vielschichtig: Joaquin Phoenix) und dem erfolgreichen Bürgermeister Ted Garcia (eher am Rande: Pedro Pascal), weil Letzterer mal etwas mit Joes labiler Frau Louise (Emma Stone) hatte. So entscheidet sich der Gesetzeshüter, ohne viel nachzudenken, dazu, selbst als Bürgermeister zu kandidieren und fortan mit einem albern vollplakatierten Dienstwagen herumzufahren. Um die beiden dämlichen Männer versammeln sich im Frühjahr 2020 haufenweise hysterische Besserwisser. Unter den 2 345 Einwohnern gibt es Corona-Leugner und Black-Lives-Matter-Protestierende infolge des Todes von George Floyd in Minneapolis. Der junge schwarze Hilfssheriff denkt derweil nur an sein Beziehungsproblem. Es gibt Streit um die Ansiedlung eines Rechenzentrums mit dem märchenhaften Namen „Solidgoldmagikarp" (was mit viel Gold und fliegendem Teppich). Der QAnon-Guru Vernon Jefferson Peak (Austin Butler) spannt Joe die ebenfalls spinnerte Frau aus, und irgendwann fallen erste Schüsse – ein Männlein sieht rot.
Diese fast surreale Anhäufung von Krisenthemen und eskalierenden Situationen in „Eddington" betreibt selbst den beliebten „Whataboutism" der Querdenker: Wenn man meint, das zentrale Thema fixiert zu haben, ist längst ein anderes dran. Bis hin zum Splatter-Finale mit schwerem Geschütz in Western-Straßen und einem heftig zynischen „Happy End" für Joe und die Dorfgemeinschaft. Diese Anhäufung von Verwirrungen, künstlichen und sonstigen Aufregungen ist ebenso irre wie der totale Stimmungswechsel in „Midsommar". Quasi ein Spiegel unserer gesellschaftlichen Abwege – aber will man im Kino noch mehr davon sehen? „Eddington" sorgte schon bei seiner Premiere in Cannes für heftige Diskussionen und wird das auch weiterhin tun.
Eddington
(USA 2025), Regie: Ari Aster, mit Joaquin Phoenix, Pedro Pascal, Emma Stone, 148 Minuten, FSK: ab 16