8.11.25

Die my love

„My Love" erzählt die Geschichte von Grace (Jennifer Lawrence) und Jackson (Robert Pattinson), die gerade in ein geerbtes altes Landhaus gezogen sind. Mit dem Ziel, ein Buch zu schreiben, richtet sich Grace in ihrer abgeschiedenen Umgebung als junge Mutter ein. Dabei verliert sie jedoch zunehmend die Kontrolle über sich selbst. Zunächst liegt sie lasziv im Gras und masturbiert mit einer Hand in der Hose und der anderen am bedrohlichen Messer. Dann folgt ein idyllischer Spaziergang durch die Natur zur Melodie aus Disneys „Bambi"-Film, bei dem sie ein Pferd entdeckt, das noch Blut vom Autounfall des letzten Tages auf dem Fell hat. Die Tapete wird mit den Fingernägeln abgekratzt, das Bad heftig demoliert.

Der gutmeinende Jackson bringt einen nervtötenden Hund mit nach Hause, der alle in den Wahnsinn treibt – wenn sie nicht längst schon dort waren. Die impulsive Beziehung geht explosiv in eine zerstörerische Richtung. Zerstörerisch für die Inneneinrichtung – aber vor allem für Grace selbst. Auch der kleine, unerträgliche Hund muss dran glauben. Das Erschießen des Quälgeistes mag für einige genauso schockierend sein wie Niki de Saint Phalles Schießen auf das Bild des Vaters. Das Verhalten von Grace könnte feministisch „ungezähmt" genannt werden, glücklich ist mit der Situation niemand.

Das verstörende neue Drama von Lynne Ramsay beginnt mit der sexuellen „Einweihung" des alten Hauses, unterbrochen von Bildern eines lichterloh brennenden Waldes, in den die nackte Grace geht. Die renommierte Filmemacherin zeichnet in „Die My Love" schonungslos das Porträt einer Frau, die von Liebe und Wahnsinn verschlungen wird. Dem schweren psychischen Problem wird im Film kein Name gegeben, einige Kritiken nennen es postnatale Depression. Das ist in jedem Fall schwer erträglich, aber den kurz angetäuschten Tradwife-Trugschluss will man am Ende auch nicht sehen. Das extreme Drama erinnert ein wenig an Darren Aronofskys Tour de Force „mother!" (ebenfalls mit Lawrence, damals neben Javier Bardem), aber vor allem an filmische Beziehungskriege wie „Blue Valentine" von Derek Cianfrance mit Ryan Gosling.

Jennifer Lawrence („Silver Linings", „American Hustle") spielt intensiv. Mit dem Ex-Vampir Pattinson hat sich der Film zwar einen weiteren Star auf dem Poster eingehandelt (neben Nick Nolte und Sissy Spacek), aber keinen Gegenpart. Doch der schwache Partner mag auch so in der Vorlage von Ariana Harwicz angelegt sein.

Der von Jennifer Lawrence auch produzierte „Die my love" ist Lynne Ramsays neuester Film nach aufsehenerregenden Werken wie „Ratcatcher" (1999), „Morvern Callar" (2002) oder „We Need to Talk About Kevin" mit Tilda Swinton (2011) als Mutter eines Amokläufers. Zuletzt drehte Ramsay „Swimmer" und „A Beautiful Day" mit Joaquin Phoenix. Trotz der Stars auf dem Plakat macht sie keine Filme für das große Publikum von „Die Tribute von Panem" oder „Twilight". Die Handlung in „Die my love" verläuft nicht chronologisch, die Farben wirken oft zu bunt, das Format ist das klassische 4:3 und das hat nichts mit der Auswertung beim Streaming-Anbieter „Mubi" zu tun.

Die my love
(Kanada 2025), Regie: Lynne Ramsay, mit Jennifer Lawrence, Robert Pattinson, Sissy Spacek, 118 Minuten, FSK: ab 16