„Black Tea" folgt der jungen Ivorerin Aya (Nina Mélo), die sich am Hochzeitstag gegen ihren untreuen Verlobten entscheidet und in der südchinesischen Millionenstadt Guangzhou im afrikanischen Viertel „Chocolate City" ein neues Leben beginnt. Zwischen all den Händlern, für die der Friseursalon ein sozialer Treffpunkt ist, lernt Aya mit ihrem Chef Caï (Han Chang) die Geheimnisse der Teezeremonie kennen. Das persönliche Kennenlernen ist, wie einst in „Chocolat" mit Juliette Binoche, geprägt von sinnlichen Momenten: der Berührung einer handschmeichelnden Teekanne, dem Duft der Blätter, dem rituellen Genuss des Getränks. Wenn sich der Blick auf einer weiten Teeplantage in den Hügeln öffnet, deutet der scheue Caï sogar ein Liebesgeständnis an. Entgegen den Erwartungen werden die zarten Knospen der Annäherung nicht von kulturellen Differenzen gekappt – erst in den letzten zwanzig Minuten taucht ein rassistischer Schwiegervater auf. Es ist Caï mit einer ganzen Menge alter Beziehungsbaustellen und einer unbekannten Tochter auf den Kapverden, der zukunftszugewandten Frauen im Wege steht.
Der schöne Sprung mit Aya von den Straßen Abidschans, der Stadt an der Elfenbeinküste, nach Guangzhou zu Nina Simones Zeilen „It's a new day, it's a new dawn" („Ein neuer Tag, ein neuer Morgen" in einer Coverversion von „Feeling Good" durch Fatoumata Diawara in der westafrikanischen Sprache Bambara) lässt die Hoffnung dieser und anderer Frauen spüren. Migration und Integration sind hier keine Probleme, sondern neue Chancen und eine Öffnung zur Welt. Die romantische Begegnung ereignet sich vor dem Hintergrund eines großen kulturellen Austauschs entlang der „Neuen Seidenstraße", den wir in unserer europäischen Fixierung auf imaginäre Einwanderungsprobleme überhaupt nicht wahrnehmen. Der mauretanische Regisseur Abderrahmane Sissako, der mit seinem großartigen, aber aufgrund islamistischer Gewalt schwer erträglichen Film „Timbuktu" (2014) auf internationalen Festivals gefeiert wurde, erzählt nun eine zarte, stille und kunstvoll inszenierte Liebesgeschichte.
„Black Tea"
(Frankreich, Mauretanien, Luxemburg, Taiwan, Elfenbeinküste 2024) Regie: Abderrahmane Sissako, mit Nina Mélo, Chang Han, Wu Ke-Xi, 111 Min., FSK: ab 6.