Region und Religion / Glaubens-Drama in Grenzregion gedreht und thematisch verankert
Als der mit viel Hightech, aber schwachem Glauben ausgestattete Vatikan-Priester Filippo in einem limburgischen Dorf ankommt, um eine angeblich weinende Marienstatue zu untersuchen, wird sein Selbstverständnis erschüttert. Gewöhnlich ist die Front der besonders (Aber-) Gläubigen, die ihn mit sanfter und dann handfester Gewalt zu einer positiven Beurteilung des Wunders drängen wollen. Irritierend ist jedoch die 19-jährige Térèse, die nach einem Amoklauf an der Schule verstummte und in deren Zimmer die Figur zu weinen begann.
Filippo trifft in einfachen Häusern auf einfache Menschen, wie die herrische und grobschlächtige Hüterin der Wunderstatue, den stillen Gärtner und Pfarrer Henri, aber vor allem das stumme Mädchen Térèse. Die deutsche Emma Bading („Meine teuflisch gute Freundin") spielt diese im Leid starke Figur viel eindrucksvoller als der italienische Serien-Darsteller Michele Riondino ("Die Löwen von Sizilien") den zweifelnden Priester. Als in der Schlüsselszene klar wird, was die Marienfigur mitansehen musste, kann man verstehen, dass ihr die Tränen kommen. Angesichts einer tief verstörten Dorfgemeinschaft wird Hoffnung wichtiger als Wahrheit oder gar orthodoxe Glaubensfragen.
Der besonders skeptische Spezialist vom Vatikan, der vor allem an sich selber zweifelt, markiert schon fast ein eigenes Sub-Genre. Doch anders als beispielsweise in „Die Erscheinung" von Xavier Giannoli (2018) kommt bei „Der Mann aus Rom" das Thema eines Amoklaufs an einer Schule hinzu. Es gibt den eigentlich unnötigen Hinweis „Die Leute wollen betrogen werden", trotzdem beneidet Filippo diese Menschen um ihre kindliche Unschuld.
Jaap van Heusdens Film basiert nicht auf einer wahren Begebenheit, sondern wurde nach eigenen Angaben der Filmemacher vor allem vom französischen Wallfahrtsort Lourdes inspiriert. Doch wie schon Remy van Heugtens großer niederländischer Erfolg „Glückauf" über einen Bergmannssohn aus Heerlen, gibt die Geschichte ein gutes Mentalitätsbild der Region wieder. Tatsächlich gibt es hier Fälle von extremem Aberglauben, weinende Madonnen und gleich hinter der Grenze mit dem „Museum Vaals" am Eschberg ein ganzes Haus voller Heiligenfiguren.
Idealerweise wurde die niederländisch-deutsche Produktion zu großen Teilen in Südlimburg, in Simpelveld und Sittard aufgenommen. (Insgesamt 29 Drehtage in Limburg und NRW während der Corona-Zeit 2022.) Die einfachen Ziegelhäuser sind unverkennbar, und bei des Priesters Ankunft wird ein Förderturm an den Horizont bei Eys kopiert, um auch die Bergarbeiter-Vergangenheit nicht zu vergessen. „Der Mann aus Rom" ist thematisch und in seinem Hintergrund ein interessanter authentischer Film aus der und über die Region, der es sich keineswegs leicht macht und den Aberglauben der Katholiken nicht veralbert. Typisch für den früheren freien Geist der Niederlande ist, dass der sehr katholische „Mann aus Rom" witzigerweise vom evangelischen Sender EO koproduziert und ausgesendet wurde.
„Der Mann aus Rom" („De Man uit Rome", Niederlande/Deutschland 2023), Regie: Jaap van Heusden, mit Michele Riondino, Emma Bading, 107 Min., FSK: ohne Angabe