18.10.22

Lyle - Mein Freund, das Krokodil


USA 2022 (Lyle, Lyle, Crocodile) Regie: Josh Gordon, mit Javier Bardem, Constance Wu, Winslow Fegley, 107 Min., FSK: ab 0

Wie sich der charismatische Magier Hector P. Valenti (Javier Bardem) über den Dienstboten-Eingang in die Talent-Show schleicht, ist eine große Nummer! Doch der eigentliche Zauber-Akt geht kläglich schief, wie scheinbar schon oft vorher. Am Boden zerstört, hört Hector eine tolle Stimme in einer Zoo-Handlung und entdeckt ein kleines singendes und tanzendes Krokodil. Das klaut er umgehend, nimmt es mit nach Hause und träumt von großer Karriere für beide. Aber Lampenfieber lässt das Krokodil erstarren und aus dem Erfolg wird erst mal nichts.

Der Extraklasse-Schauspieler Javier Bardem singt, tanzt und steppt … beim Dreh mit einem unsichtbaren Partner, was seinen Schwung sichtbar nicht bremst. Doch leider will es die Geschichte, dass Bardems nicht besonders vertrauenswürdige Figur für eine Weile verschwindet und damit auch jeder Schwung aus dem Film. Ohne Hector erleben wir, wie Katie (Constance Wu) und Joseph Primm (Scoot McNairy) zusammen mit ihrem Sohn Josh (Winslow Fegley) in die leere Wohnung ziehen. Josh wurde von der übervorsichtigen Mutter zu einem extrem ängstlichen Jungen erzogen, dem auch seine technischen Assistenten nicht in der bedrohlichen neuen Umgebung helfen. Sein Schreck ist besonders groß, als er auf dem Dachboden das lebendige Krokodil Lyle entdeckt. Dabei ist Lyle völlig harmlos und verschluckt nur aus Versehen die dumme Angora-Katze, die ihm ins Maul springt, um sie bald wieder ziemlich durchnässt auszuspucken.

So ist ganz schnell die Angst vorbei und ohne große Überwindung folgt der Junge nächtlich dem Krokodil durch dunkle Gassen der Stadt. Das Containern bei den Restaurants macht Spaß und ignoriert alle Allergie-Vorbehalte der Mutter. Lyle ist das ideale Schreckgespenst für die neurotische Frau, doch einer nach dem anderen werden fast alle Hausbewohner mit einer Gesangsnummer begeistert und zu besseren Menschen. Sogar Familienvater Joseph, der zu viel arbeitet und zu ernst wurde. Lyle bringt ihn dazu, bei Ringkämpfen auf dem Dachboden seine alte Leidenschaft herauszukramen, was ein wenig Slapstick in den müden Film bringt.

Trotzdem bleibt diese Familien-Geschichte lange ohne Schwung und Sehvergnügen. Bis Hector P. Valenti zurückkehrt und erneut das Chaos ausbricht. Vor allem der griesgrämige Nachbar Mr. Grumps (Brett Gelman) aus der Souterrain-Wohnung setzt alles in Bewegung, damit Lyle verschwindet.

„Lyle - Mein Freund, das Krokodil" ist zwar zeitweilig aufwändig und flott gemacht, aber bleibt seltsam, weil die psychologische Entwicklung völlig vernachlässig und auch ansonsten in der Handlung viel rumgeholpert wird. Das Krokodil Lyle ist ein liebenswerter, gutmütiger und immer optimistischer Charakter - kurz: etwas langweilig. Vor allem wenn das beliebte und handgezeichnete Kinderbuch des Autors Bernard Waber maßlos auf Filmlänge gestreckt werden muss. Allerdings kann Lyle nicht sprechen, dafür sehr gut singen. Womit wir beim Grundgesetz des Musicals wären: Worüber man nicht sprechen kann, darüber muss man trällern! Wehmütig denkt man angesichts der schwachen Performance von Lyle an die tanzenden Krokodile aus Disneys „Fantasia" und an die viel lebendigeren Bühnen-Tiere von „Sing".