16.1.18

Die dunkelste Stunde

GB 2017 (The Darkest Hour) Regie: Joe Wright mit Gary Oldman, Stephen Dillane, John Hurt, Lily James, Ben Mendelsohn, Kristin Scott Thomas 128 Min. FSK: ab 6

Nach Christopher Nolans „Dunkirk" und dem von Brian Cox verkörpertem „Churchill" nun der dritte Film über den legendären britischen Kriegs-Premier in nur zwölf Monaten. Was will uns Winston Churchill heute so dringend sagen? Ist es eine Suche nach dem starken Führer in heutigen, im Gegensatz zu damals geradezu dekadent guten und sicheren Zeiten? Der eindrucksvolle Film von Joe Wright („Abbitte", „Hanna", „Stolz und Vorurteil", „Anna Karenina") glänzt nicht nur mit Gary Oldman unter der speckigen Maske Churchills, er thematisiert die Suche nach dem richtigen Auftreten gegen Unrechtsherrschaft.

„We shall never surrender - wir werden uns niemals ergeben!" Kennt man vielleicht von Supertramps „Fools Overture" (1977), der Satz stammt aber von Winston Churchill (1874 - 1965). Es war der Schluss einer Parlamentsrede, welche die Entscheidung des Premierministers gegen Waffenstillstandsverhandlungen mit Hitlers Deutschland verkündete. Im Nachhinein, nach fünf Jahren Weltkrieg mit Millionen Toten, eine Entscheidung gegen Terror-Herrschaft und Faschismus, eine für die Freiheit. Wie es dazu kam, erzählt dieser Film ausgehend von vernichtenden Niederlagen französischer und englischer Truppen auf dem Festland und begleitet vom politischen Geplänkel seiner Partei, die den allgemein ungeliebten Alt-Politiker Churchill im Mai 1940 zum Premierminister macht.

Und obwohl es diesmal wirklich mal um das Schicksal der Welt und das von hunderten Millionen Menschen geht, läuft das immer wieder komisch ab. So lehnt der berüchtigt nuschelnde Politiker beim traditionellen Antrittsbesuch den Termin-Vorschlag des stotternden Königs George VI. für ihr wöchentliches Treffen ab - er halte Mittagsschlaf um 16 Uhr! „Die dunkelste Stunde" zeigt eine große politische Entscheidung und einen sehr empfindsamen Menschen hinter dickem Panzer. Wir nähern uns Churchill über eine neue Sekretärin, die zuerst wie alle anderen vom rabiaten Säufer und Kettenraucher unverschämt zusammengestaucht wird. Später zerdrückt er auch bei ihr einige seiner häufigen Tränen. Den Kopf gewaschen bekommt er in sehr netten Szenen gehörig, geistreich und mit spitzer Zunge auch von seiner Ehefrau Clementine, eine Rolle, in der diesmal Kristin Scott Thomas brilliert.

Der überall gepriesene Gary Oldman legt allerdings nicht wirklich eine der besten der handgestoppten bisherigen 35 Film- und 28 TV-Churchills hin. Zu oft blitzen aus dem massigen Babyface die scharfen Züge des Schurke aus dem „Fünften Element" oder des Lt. James Gordon aus „Batman" hervor. Aber letztlich überzeugt er im ganzen Gewicht eines relevanten Films. Auch wenn der es sich mit der Entscheidung über Krieg oder Friedensverhandlung zu einfach macht. Denn Churchill war mit seinem, aus dem Wissen als Historiker gewonnenen Misstrauen gegenüber Hitler zuerst allein. Ein England, das sehr deutlich noch die Grauen des letzten, des „großen Krieges" erinnerte, wollte keinen neuen Waffengang. Im Film bestärkt Churchill, als er zum großen Erstaunen der Passagiere zum ersten Mal im Leben die Metro benutzt, das „einfache Volk" in seiner Entscheidung. Dieses Bild des „Volkes" erscheint allerdings sehr einfach bis einfältig und - entgegen den schweren Zweifeln Churchills selber - übel kriegstreiberisch. Doch wie in der wahren Historie hilft auch im Film letztlich eine große Rede über diese Schwäche hinweg: „We shall never surrender..."