3.10.16

Die Insel der besonderen Kinder

USA, Belgien, Großbritannien 2016 (Miss Peregrine's Home for peculiar children) Regie: Tim Burton mit Eva Green, Asa Butterfield, Samuel L. Jackson, Terence Stamp, Ella Purnell 127 Min. FSK: ab 12

Der neue Film von Tim Burton („Alice im Wunderland", „Edward mit den Scherenhänden", „ Planet der Affen", „Sleepy Hollow") bringt in seiner Geschichte für Jugendliche und Erwachsene fantasievolle, bessere „X-Men" in eine Zeitschleife in der Art von „Und täglich grüßt das Murmeltier...". Ransom Riggs' gleichnamiger Roman, dem Fotos von ungewöhnlichen Gestalten und Außenseitern zugrunde liegen sollen, erfährt eine herrlich skurrile und sympathische Verfilmung.

Jake (Asa Butterfield) gehört zu den jungen Menschen, die spüren, dass jenseits ihres Alltags noch eine andere Welt existieren muss. Wie Harry Potter oder Joey Harker in Neil Gaimans „InterWorld" öffnet sich während der Pubertät ein Portal in eine abenteuerliche Dimension. Für Jake nimmt sein Leben eine dramatische Wendung, als sein Großvater Abe (Terence Stamp) in Florida gewaltsam ums Leben kommt. Vorher gab der alte Mann, der anscheinend an Wahnverstellungen litt, ihm noch die Reiseempfehlung, sich auf einer walisischen Insel das Waisenhaus der Miss Peregrine anzusehen.

Schon im unerträglich sonnigen Florida Tim Burtons verstecken sich Monstergestalten, die man von frühen Zeichnungen des Regisseurs und Animateurs kennt. Auf der walisischen Insel wird es dann richtig schaurig, wenn Jake im von Deutschen zerbombten Kinderheim auf all die Fantasiegestalten trifft, von denen sein Großvater immer erzählte. Das verfallene Gebäude ist ein Portal ins Jahr 1943, zum 3. September, dem Tag, an dem die Figuren und Freunde des Großvaters in einer täglichen, sekundengenauen Routine gefangen sind.

Einer dieser Kinder mit besonderen Fähigkeiten projiziert allabendlich mit einem Auge seine Träume auf die Wand, ein Mädchen isst mit ihrem Nacken, ein Junge hat Bienen im Mund, ein Unsichtbarer ist ebenso dabei wie das Mädchen mit psychokinetischen Fähigkeiten. Vor allem macht die immer noch jugendliche ehemalige Liebe seines Großvaters Eindruck auf Jake: Sie ist ein Wesen der Luft, das nur von Bleischuhen am Boden gehalten wird.

Doch dieses schön spielerisch schaurige Waisenhaus des Gothic-Horrors greifen richtige Monster an, die nur Jake sehen kann. Die „Hollows" essen die Augen besonderer Kinder, um wieder ihre alte Menschengestalt zu erlangen. Als Versteck vor ihnen erzeugte Miss Peregrine die Zeitschleife.

Tim Burtons „Insel der besonderen Kinder" ist eine Art „X-Men" für echte Jugendliche - nur viel fantasievoller und weniger martialisch. Der tolle Fantasy-Film für Jugendliche und Erwachsene unterhält mit schaurigen, verrückten und schönen Einfällen. Die mehrfache Erwähnung deutscher Kriegsverbrechen wird dabei irgendwann ebenso unwichtig wie Jakes Eltern. Im Finale langweilt nicht der übliche Overkill an Action, es gibt eine fantasiereiche Schlacht zwischen Skeletten und den Hollows, fast so spaßig wie die Gemetzel aus „Mars Attacs". Eva Green gibt als strenge Heimleiterin Miss Peregrin einen großartigen Ersatz für diese üblicherweise von Helena Bonham-Carter verkörperten Rollen. Samuel L. Jackson kann man in einer neuen, beängstigenden Rolle als Anführer der Hollows mit schlohweißen Haaren, blinden Augen und Monsterzähnen genießen. „Die Insel der besonderen Kinder" ist jetzt zwar kein richtig schöner, düsterer echter Tim Burton, aber ein in jeder Hinsicht gelungener Fantasy-Film mit exzellenter Ausstattung und tollen Animationen.