10.8.15

Coconut Hero

BRD, Kanada 2015 Regie: Florian Cossen mit Alex Ozerov, Bea Santos, Krista Bridges, Sebastian Schipper 101 Min. FSK: ab 12

Mike Tyson - „nicht der Boxer, sondern ein anderer Mike" - also der sechzehnjährige Mike Tyson legt sich schon mal den Gewehrlauf an die Stirn, gibt seine eigene Traueranzeige auf und ... feuert eine Platzpatrone ab! Doch „zum Glück" entdeckt man im Krankenhaus einen Hirntumor, den Mike (Alex Ozerov) selbstverständlich nicht entfernen lassen will. Denn Mike will sterben, anfangs erzählt mit schwarzem Humor im Stile von „Harold und Maude".

Der bislang nicht besonders fröhliche Mike kommentiert sein winziges kanadisches Kaff Faintville. Dort wird er auch im neuen Schuljahr wegen seines Namens und jetzt noch wegen der falschen Todesanzeige gehänselt. Klar, dass er mit Jesus redet und ihn bittet, beim nächsten Mal wirklich sterben zu können. Also diesmal ohne Wiederauferstehung. Die Sache mit dem Hirntumor kommt seinem Wunsch schon recht nahe. Und deshalb ist das ganze Holzfällerstädtchen plötzlich von opernhafter Freude erfüllt - große Ballett-Kino wie in einem Baz Luhrman-Film! Mit dem Knockout seiner bisherigen Bullies als grandioses Finale zu Rossini.

Mike ist ein sympathisch selbstbewusster Teenager. Muss er wahrscheinlich auch sein, bei dieser schillernd pädagogisch unfähigen Mutter Cynthia (Krista Bridges). Beim Treffen mit dem Vater, den er bislang nie gesehen hatte, wird alles mal kurz gewöhnlich, doch ein therapeutischer Tanzkurs sorgt nicht nur „für neuen Lebensmut". Die Begegnung mit der schön verrückten Tanz-Therapeutin Miranda (Bea Santos) gibt Mikes Leben und dem Film eine ganz neue Richtung.

„Coconut Hero" stemmt mit viel Humor und Leichtigkeit ganz schön gewichtige Themen. Vor allem das in vielen Stimmungen reizvolle und mitreißende Spiel von Hauptdarsteller Alex Ozerov bereitet dabei viel Vergnügen bei diesem anderen und doch netten Film. Udo Kier hat einen kleinen, feinen Auftritt als desinteressierter Therapeut. Der „Victoria"-Regisseur Sebastian Schipper ist nach seiner Rolle als Ehemann von Kim Basinger in „Ich bin hier" erneut als Schauspieler zu sehen.

Regisseur Florian Cossen fiel bereits mit der Vergangenheitsbewältigung „Das Lied in mir" (mit Jessica Schwarz in der Hauptrolle) auf. Nun überzeugt er mit guter Schauspielführung und sehr origineller Bildgestaltung, die durchgehend viel Spaß macht. Angefangen mit den Filmtiteln, die in Aufnahmen der Kleinstadt verstreut werden, bis zu Mikes Versuch, ein paar lange Bretter für seinen Sarg auf sein Fahrrad zu bekommen, während im Hintergrund ein riesiger Bagger gleich mehrere Baumstämme in die Luft hebt. Die Musik kommentiert die herrlich komische Handlung, dazu gibt es trockene One-Liner wie vom Sargverkäufer über sein Billig-Modell: „Es lohnt sich kaum, dafür zu sterben!" Für solche Filme lohnt es sich allerdings - unter anderem - zu leben.