22.1.19

Chaos im Netz

USA 2018 Regie: Rich Moore 113 Min. FSK ab 6

Das Innenleben von Computer-Konsolen als Spiel(film)-Fläche ist kein Neuland mehr. Nicht nur für Nerds ist es reizvoll, von unbekannten Mikro-Welten vor der eigenen Nase zu erfahren. „Tron" ist der Klassiker dieser Idee. Andererseits bleibt es ein Risiko, mit alten, verstaubten Pixeln unterhalten zu wollen. Die meisten Nutzer sind alten Spielen halt entwachsen.

Das Raubein Ralph unterhielt in der ersten Animation „Ralph reicht's" ganz erfolgreich damit, wie er aus seinem Spiel und seiner Schurken-Rolle ausbrach. Mittlerweile pflegen auch andere Spielfiguren wie Pac Man oder Sonic in der Steckerleiste der Spielhalle einen locker-lustigen Austausch. Bis als Neuanschaffung „Wifi" auftaucht. Gleichzeitig bereitet der mit seinem Trott zufriedene Simpel Ralph seiner kleinen Rennfahrer-Freundin Vanellope etwas Abwechslung bei der Spiel-Routine. Dadurch geht allerdings draußen in der realen Welt die Spiele-Steuerung kaputt. Ralph und Vane machen sich nun auf den Weg, um bei Ebay Ersatz zu ersteigern.

Mit dem zweiten Ralph-Film bleibt Disney beim Vertrauten: Gut gezeichnete, nette Figuren erlebten halbwegs originelle Abenteuer im Innern alter Spiele-Automaten. Das Überleben solcher klassischer Arcade-Games ist auch nun wieder Thema, ebenso das „Neuland" Internet. Wobei dies nicht als dämonischer Gegner fungiert, sondern nur als aufregend übervolle, neue Entdeckung für alte Spielfiguren. Diese Vorstellung des Internets von „Ralph" sieht irgendwie so aus, wie das, was Seehofer in den 80ern ge- und betrieben hat: Kleine, süße Twitter-Vögel flattern herum, überall gibt es nervige Werbe-Einblendungen und Katzenbilder. Die User sind hier „im Internet" nur recht einfältige Quadratköpfe, die wahren Figuren sind die Programme und Routinen.

Und wieder bekommen in dem aufwendig animierten Zeichentrick für kleine Kinder die Größeren Futter, wenn die Spiel-Figuren aus ihren Rollen treten: Die lebensphilosophischen Gespräche der eher primitiv aussehenden Action-Figuren während der Pausen von knallharten Computerspielen sind schon sehr erwachsener Humor. In dieser „schmutzigen" Umgebung besteht Vanellope auch ihre erste Prüfung beim Autorennen, da kennt sie sich aus. Um aber Ralphs bescheuert hohes Gebot bei Ebay bezahlen zu können, müssen sie ein albernes Video des tumben Helden „viral gehen lassen". Hier wird kindgerecht das Funktionieren sozialer Medien vorgeführt, samt niederschmetternder Wirkung von Hasskommentaren. Wahrscheinlich kennen das alles die kleinen digital Natives besser als ihre erwachsenen Begleiter.

Im menschelnden Kern des Disney-Filmchens wird vor allem die Freundschaft zwischen Ralph und Vanellope auf die Probe gestellt. Ralph muss lernen, dass man Freunde nicht besitzen kann, und Veränderung akzeptieren. Ja, da haben die Produzenten eine halbwegs, netten, lahmen, aber recht bunten Film gemacht ... um zwischendurch nur verrücktes Zeugs zu machen. Denn was als dicker Disney-Werbeblock mit Star Wars und Groot startet, führt zur historischen Generalversammlung aller Disney-Prinzessinnen. Selbstverständlich muss darauf wieder ein überwältigendes Finale mit Frankenstein-Zombies, die sich zum King Kong-Zitat verformen folgen. Und auch eine rührende Trennung darf zum Abschied nicht fehlen. Aber an die Prinzessinnen im Pyjama wird man sich noch lange erinnern.