19.6.17

Monsieur Pierre geht online

Frankreich, BRD, Belgien 2017 (Un profil pour deux) Regie: Stéphane Robelin mit Pierre Richard, Yaniss Lespert, Fanny Valette, Stéphane Bissot 101 Min. FSK: ab 0

Was probieren einsame Senioren als erstes, wenn sie gerade die ersten Schritte im Internet machen können? Nein, keine Facebook-Scherze weiterleiten, sondern sich bei einer Dating-Site umschauen. So auch Witwer Pierre (Pierre Richard), der von seiner Tochter Juliette den erfolglosen Autor Alex (Yaniss Lespert) als Computer-Hilfe vermittelt bekam. Der zeigt dem alten Griesgram in dessen verlotterter, düsterer Wohnung, wie das mit der Kamera funktioniert, und ist mit seinem eigenen Beispiel-Foto prompt unwissentlich auf einer Flirt-Plattform zu finden. Die folgenden Chats mit wesentlich jüngeren Frauen zeigt der Film mit den virtuellen Partnern sehr nett real in Pierres Zimmer. Bald findet sich beim anonymen Flirten Flora (Fanny Valette) mit vielen Gemeinsamkeiten und einer beiderseitigen Begeisterung für die chinesische Kultur. Ein erstes Treffen wird anberaumt und Alex soll in Brüssel das Double fürs richtige Leben geben.

Eine reizvolle Idee, besonders reizend sind allerdings die Wirrungen hinter dem Online-Flirt: Denn Alex ist eigentlich der Freund von Pierres Enkel Sylvie (Stéphane Bissot), mit welcher der alte Mann zerstritten ist. Das junge Pärchen wohnt wegen seiner Geldprobleme bei Juliette, aber Alex erfährt in diesem komplexen Beziehungs-Viereck von Pierre, dass Sylvie heimlich mit ihrem Ex in China skypt.

Auch wenn es mit Alex und Flora mit dem Chinesischen nicht recht klappt - weil er im Gegensatz zu „seinem" Profil da keine Ahnung von hat - zwischen den beiden funkt es direkt. Mit allen Folgen. Jetzt muss Pierre das doppelte Spiel weiter chatten und Alex schafft es nicht, die Wahrheit zu sagen.

Ja, der alte Komiker Pierre Richard („Der große Blonde...") macht einmal ein richtiges Fenster auf, als Alex ihm am Telefon erzählt, er solle ein Bildschirm-Fenster öffnen. Doch ansonsten machen die Irrungen und Wirrungen einer Beziehung im Zeitalter der virtuellen Liebe auf sympathisch feine Weise Spaß. Auf der Basis einer boulevardesken Verwechselungs-Komödie sorgt das Dilemma zwischen virtueller und körperlicher Persönlichkeit pointiert für cleveren Komödien-Zündstoff. Oder kurz: Der eine schreibt im Namen des anderen; der andere vögelt im Namen des einen. Das zickige Zusammen- oder besser: Gegeneinander-Spiel von Pierre und Alex funktioniert mit dem Altstar Pierre Richard und seinem jungen Partner hervorragend.

Pierre entwickelt sich vom Messi, der nicht aus der Wohnung kommt, zu einem charmanten alten Herrn. Die Komödie löst sich nicht gesteigertem Klamauk auf, sondern vertieft sich herrlich in menschliche Unzulänglichkeiten, um schließlich eine ganz eigene, atemberaubende romantische Dreiecks-Geschichte zu werden. Die witzig komplizierten Situationen, denen man immer gerne folgt, führen zu komischen und zugleich tragischen falschen Hoffnungen. Schließlich konkurrieren beide um eine tolle Frau. Leider, und das ist das einzige Manko des in Sachen Liebesbegehren sehr spannenden Films mit vielen komischen Wendungen, endet er zu konventionell happy.