28.10.15

Macbeth (2015)

Großbritannien, Frankreich, USA 2015 Regie: Justin Kurzel mit Michael Fassbender, Marion Cotillard, David Thewlis 113 Min. FSK: ab 12

Die Liste der Macbeth-Verfilmung ist lang, wenn auch nicht so endlos wie die der Aufführungen. Die jüngeren Meilensteine von Orson Welles (1947) und dem Polen Polanski („The Tragedy of Macbeth", 1971) zeichnen auch die Pole zwischen Theater-Verfilmung und von Kulissen befreitem Spielfilm auf. Nun führte der unbekannte Justin Kurzel („Die Morde von Snowtown") bei der aktuellsten Shakespeare-Umsetzung Regie, die Stars sind Michael Fassbender („X-Men", „Shame") und Marion Cotillard („Der Geschmack von Rost und Knochen", „La vie en rose").

Doch die neue Verfilmung sieht erst einmal alt aus, ganz wie der „Kohlhaas" mit Mads Mikkelsen. Keine Modernisierung, Hintergrund der deftigen Schlachtszenen sind die schottischen Highlands, es sollen sogar irgendwelche Originalschauplätze sein. Aus dem wabernden Nebel nähern sich die Hexen mit ihrer Prophezeiung: Der siegreiche Macbeth werde König werden und erst wenn ein Wald auf sein Schloss zu marschiert, wäre er besiegt, und nur ein nicht von einer Frau geborener könne ihn töten.

Genug Material für eine gewaltige Hybris, doch erst muss Lady Macbeth kühl den Königsmord entwerfen. Denn Macbeth selbst sei noch „voll von Milch der Menschenliebe", ihm „fehle die Bosheit". Ein zentraler Moment für die Familienplanung der Macbeths aus Schottland. Doch die Bestie des Textes lebt seltsamerweise nicht auf in der großartigen Schauspielerin Marion Cotillard, harmlos wirkt die mörderische Verführerin. Fassbender hingegen mit seinen blauen Augen hinter Bart und Narben gibt einen teuflischen Engel, dessen wachsenden Wahnsinn man schauerlich gerne beschaut.

Schön ist hässlich, hässlich ist schön! Wie trefflich sind die Worte der Hexen für die Ästhetik von Regisseur Justin Kurzel: Zum Auftakt prallen Körper aufeinander, rohes Schlitzen und Schlachten, ein heftiger Sound unterstützt die Wirkung. Ein scheußliches Gemetzel im Wechsel von Stillstand und Rasen, von leisen Violinen und donnernden Schreien. Auch später gibt es schwitzige und schmutzige Körperlichkeit statt royalem Glamour.

Von der ersten bis zur letzten Schlacht; bei den irrsinnigen Wanderungen der Macbeths im Nachthemd auf den Highlands: Die Geburt und der Niedergang der Tyrannei im Wahnsinn - das ist in einigen Bildern und Szenen immer wieder eindrucksvoll. Dazwischen sperriger Originaltext - auf jeden Fall in der deutschen Synchronisation - und wenig Begeisterung an Shakespeare. Das Entsetzen gebiert weniger er, es kommt von den filmischen Elementen. Eigentlich eine gute Sache, doch das Übergewicht einer Handvoll starker Film- und nicht Dialog-Szenen lässt vermuten, Justin Kurzel braucht Shakespeare eigentlich nicht. (Und der Barde den Filmer wohl auch nicht.) Deshalb ist „Macbeth" auch konsequenterweise für den Regisseur nur eine Station zum nächsten Spektakel, der Verfilmung des Computerspiels „Assassin's Creed".