16.4.13

Mama (2012)

Spanien, Kanada 2012 (Mama) Regie: Andrés Muschietti mit Jessica Chastain, Nikolaj Coster-Waldau, Megan Charpentier, Isabelle Nélisse 100 Min.

Mamma mia! Hier ist Horror wirklich mal unheimlich und zeigt nie was man erwartet - im Gegensatz zur Teenie-Abteilung des Genres! „Mama" ist zwar nicht ganz die Mutter aller Horror-Filme, aber unter Federführung des spanischen Meisters Guillermo del Toro („Hellboy" 2008, „Pans Labyrinth" 2006) ein schauriges Vergnügen mit Jessica Chastain, die mit unheimlicher Konstanz schon wieder eine grandiose Rolle hinlegt.

Wenn der Vater mit den Töchtern in eisiger Berglandschaft einmal rausfliegt, aus der Kurve, dann ahnt man schon nichts Gutes. Jucas schleppt sich und die kleinen Mädchen noch zu einer verlassenen Hütte, will erst sie und dann sich erschießen. Doch so ganz verlassen ist es hier nicht und eine schauerliche Fürsorge übernimmt die Erziehung für die nächsten fünf Jahre.

Schon bevor die Mädchen von ihrem Onkel Jeffrey (Nikolaj Coster-Waldau aus „Game of Thrones") wiedergefunden werden, deutet ein Berg von Kirschkernen auf eine ungewöhnliche Kinderstube hin. Wie sehr schnelle Tiere krabbeln Victoria (Megan Charpentier) und Lilly (Isabelle Nélisse) auf allen vieren herum. Das ist ein wenig „Nell", etwas Kaspar Hauser, aber vor allem extrem gruselig. Die an diesen Fällen sehr interessierten Psychologen meinen, die Kinder hätten in der Isolation eine eingebildete Mutter entwickelt. Victoria wirkt bald wieder wie ein kleines, sehr ernstes Mädchen, die jüngere Lilly erscheint auch äußerlich extrem verstört und behält ihre tierischen Verhaltensweisen bei. Jeffrey und dessen Freundin Annabel (Jessica Chastain) erhalten die Vormundschaft. Doch nach einem absoluten Horror-Unfall rafft es auch diese männliche Bezugsperson dahin. Annabel, die kein Kind haben wollte, ist jetzt mit mindestens zwei von ihnen sowie einem Monster allein zuhause. Denn man weiß, dass es böse wird, wenn sich zwei mit dem Anspruch, Mutter zu sein, um die Erziehung kümmern wollen. Wird es Victoria gelingen, Erziehungs- und die Erschreckensberechtigte auseinander zu halten?

„Mama" entstand auf Basis eines gleichnamigen Drei-Minüters vom Geschwisterpaar (sic!) Barbara und Andrés Muschietti, der nach etwas Suchen nicht überall auf Youtube von sogenannten Rechteinhabern gesperrt ist. Der vergilbte Farbton vom Lang-Remake verweist auf den Produzenten Guillermo del Toro, der in diesem Stil schon mit seinen früheren spanischen Meisterwerken „Pans Labyrinth" 2006 und „The Devil's Backbone" 2001 faszinierte. Auch der Verweis auf sein faschistisches Waisenhaus aus „Backbone" ist in einen herrlich grausigen Albtraum eingebaut.

Jessica Chastain spielt mit schwarzen Haaren und Riesen-Tattoo, mit biestiger Attitüde einer Punk-Bassistin so völlig anders als in „Zero Dark Thirty", aber wieder sehr, sehr eindrucksvoll. Unheimlich, wie souverän sie ihre Serie von Super-Filmen einfach mal fortsetzt. Aber auch die Inszenierung ist erstklassig: Sehr raffiniert taucht Mama lange nur als Schatten oder außerhalb des Bildes auf. So zieht irgendwer an Lillys Decke, obwohl diese allein im Zimmer ist. Schön unheimliche Geräusche ergänzen die filmische Geisterbahn. Nur die üblichen rationellen Erklärungen für außerhalb des Horror-Genres völlig unerklärliche Erscheinungen verlaufen etwas mühsam. Dafür liefert der Wechsel aus begeisterter Realität, Traum und Rückblenden traumhaft alptraumhafte Bilder. Bis hin zum unwahrscheinlichsten aller Finales, einer gigantischen Monster-Mutter-Rührszene am Abgrund zum Megakitsch. Aber das ist dann wieder ein anderer Grund zum Schaudern.