22.5.18

The Happy Prince

BRD, Belgien, Großbritannien, Italien 2018 Regie: Rupert Everett, mit Rupert Everett, Colin Morgan, Colin Firth, Emily Watson, 106 Min., FSK ab 12

Ein bewegender Rückblick aus der Gosse: Die letzten Lebensjahre des so lebensfrohen, großartigen Dichters (1854-1900) waren kein Fest mehr. Rupert Everett hat es sich als Autor, Regisseur und Wilde-Darsteller des Films „The Happy Prince" zur persönlichen Aufgabe gemacht, diese eher unbekannte Lebensphase Wildes zu zeigen.

Wilde ist nicht mehr der strahlende Hedonist aus Brian Gilberts filmischer Biografie „Oscar Wilde" von 1997 mit Stephen Fry in der Hauptrolle. Dieser darbende, kranke Alte in Paris haut fünf Pfund, die ihm eine alte Verehrerin aus London gibt, direkt auf den Kopf. Für Koks und Absinth, zusammen mit zwei verlorenen Jungs. Ihnen erzählt seine rührende Geschichte „The Happy Prince" („Der glückliche Prinz"), ein bitteres modernes Märchen (aus der Prosasammlung „Der glückliche Prinz und andere Märchen" von 1888). Zuvor vergnügt er sich mit dem älteren Obdachlosen. Die Jungs von der Straße erinnern ihn an seine beiden eigenen Söhne, die er nie mehr sieht.

Diese Bilder in schmutzigem Gelb sind tief berührend, wenn die Erinnerung an glanzvolle Abende auf großen Bühnen aufkommt, während Wilde in einer Spelunke singt, um seine Schulden abzugelten. Das Vorleben taucht mit kurzen Momenten der Verurteilung und der Haft wegen Homosexualität auf. Der Beginn seines Exils 1897 in Dieppe leuchtet noch hoffnungs- und stilvoll. Die Flucht mit seiner großen Liebe Alfred „Bosie" Douglas (Colin Morgan) nach Neapel bringt ein letztes großes Glück. Aber die finanziellen Sorgen, auch weil Wildes Frau Constance Holland (Emily Watson) wegen des neuerlichen Treffens mit Bosie ihre Geldzahlungen einstellt, setzten dem ein Ende.

Es ist erschütternd, wie ein großer Mensch und großartiger Künstler zugrunde geht, nein: bis in den Tod erniedrigt wird. Erschreckend die Jagd auf Schwule, auch weil sie immer noch aktuell ist. Rupert Everett gelingt mit der opulenten Inszenierung und klasse Darstellern wie Colin Firth ein bewegender Abgesang auf einen der schillerndsten Erben des Orpheus. Everett übernimmt dabei Elemente des Märchens „The Happy Prince", im Off erklingen stimmungsvoll passende Originaltexte-Texte von Wilde. Das ist so nicht unbedingt für die Schullektüre geeignet, weil logischerweise die großen Erfolge, die Theaterstücke und die Bücher ausgeblendet werden.

Sich selbst inszeniert der Regisseur etwas selbstverliebt. Aber wie soll man einen vor Stolz und Lebenslust bebenden Wilde sonst darstellen? Ja, vielleicht noch mal von Stephen Fry, der auch im realen Leben eine ähnliche Brillanz im Denken und Formulieren beherrscht.