4.8.17

Die Dreharbeiten zu „Liliane Susewind“

Film-Möglich-Macher

André Sommerlatte brachte den nächsten großen Dreh in die Region

Seit dem 6. Juli 2017 wird in Aachen und der Umgebung wieder großes Kino gemacht: Die Dreharbeiten für den Kinderfilm „Liliane Susewind", der am 2018 in die Kinos kommt, starteten mit den Schauspielern Peri Baumeister („Russendisko") und Tom Beck („Vaterfreuden"). Darin hat die elfjährige Liliane Susewind eine außergewöhnliche Fähigkeit: Sie kann mit Tieren sprechen. Später werden auch Christoph Maria Herbst und Meret Becker am Set sein. Mit dem aufwändigen Dreh von Sony Pictures ist wieder mal eine große Filmproduktion in der Region zu Gast. Wie groß? 1000 Übernachtungen für den kompletten Dreh, der noch bis zum 23. August in Aachen und Belgien stattfindet. Wer das Projekt so griffig umreißen kann, ist Koproduzent André Sommerlatte von der belgischen Velvet Films.

Sommerlatte ist ein Profi, der auch schon Drehs mit Depardieu ins Grenzland holte, 2007 für die 13 Millionen-Produktion „Die Kinder von Timpelbach" in der Eyneburg von Hergenrath. Damals war André Sommerlatte in Eupen noch Medienreferent für die DG, die Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens. Auch wenn die Filmwirtschaft nur 5 Prozent seiner Aufgaben ausmachte, sah man ihn auf den Festivals von Cannes, Venedig und Berlin. Federführend war er bei Koproduktionstreffen mit Nordrhein-Westfalen, Luxemburg und dem Saarland. Nebenbei machte er noch den Motivaufnahmeleiter bei Drehs an der Gileppe-Talsperre, bei aufsehenerregenden Action-Szenen für Hermann Johas Produktion „action concept" („Alarm für Cobra 11", „Der Clown").

Vor wenigen Wochen wechselte der leidenschaftliche Kommunikator und Film-Produzent vom Ministerium zur Brüsseler Firma „Velvet Films", die seit ihrer Gründung eine enorme Dynamik erlebt: Seit Januar stehen vier Langspielfilme auf dem Plan, darunter auch in Antwerpen und Gent „Brechts Dreigroschenfilm" mit großem Etat sowie Lars Eidinger (als Bertholt Brecht), Tobias Moretti, Hannah Herzsprung, Joachim Król, Claudia Michelsen, Christian Redl und Robert Stadlober in den Hauptrollen.

Diese deutsch-belgischen Koproduktionen sind kein Zufall, sondern Konzept für Velvet Films und Spezialität von André Sommerlatte. Er sieht sich als „Verbindungselement von belgischer zu deutscher Kinematografie". Der deutsche Produzent, der in Eupen lebt, weiß, dass frankophone Filmproduktionen Partner suchen, die ihre Sprache sprechen, „nicht einfach Französisch, sondern deren Art verstehen". Seine Frau stammt aus Lüttich, was von Westen her gesehen ja schon jenseits eines kulturellen Grabens liegt. So bestätigt der Fachmann den jahrelangen Trend, dass deutsche Produktionen sich eher nach Flandern orientieren. Sommerlatte präsentiert sich mit der neu aufgestellten Firma als „der erste, auf den du triffst, wenn du mit einem Projekt aus Deutschland kommst". Sein Partner und Firmengründer Sebastian Schelenz ist Deutscher mit Büro in Brüssel.

So wird die Region zum „First Exit-Punkt, um sich der romanischen Kultur zuwenden". Dabei ist klar, dass Ostbelgien zu klein ist, dass „wir nicht alles machen können". Dadurch kommen Drehs in Aachen, Antwerpen und Gent zustande. Was vor allem in Flandern als große Chance zum Städtemarketing begriffen wird. In Aachen selbst sieht der Kenner brachliegendes Potential. Daneben ist das Filmemachen auch immer Wirtschaftsförderung. Die „Film- und Medienstiftung NRW", die „Liliane Susewind" mit 657.913 Euro fördert, wurde dementsprechend im Wirtschafts-Ministerium angesiedelt. Sommerlatte ist zudem Spezialist für die belgische Form der Filmförderung, eines Steuerspar-Modells namens „Tax Shelter". Neben den 1000 Übernachtungen für „Liliane Susewind" gibt es an den Drehorten auch weniger qualifizierte Jobs wie Fahrer oder Setrunner. Die in der Branche sogenannten „Effekte" bedeuten, dass mehr Geld in der Region ausgegeben werden muss, als die jeweilige Förderung zur Verfügung stellt. Neben Sets in Aachen wird auch die Vennbahn am ehemaligen Raerener Bahnhof langfristig in diesem Sommer wieder zum Drehort. Hier drehte schon Sandra Hüller die Doku-Fiktion „Fräulein Stinnes fährt um die Welt".

Das Programm von Velvet Films ist mit der Verfilmung der Kinderbuchreihe „Liliane Susewind" von Bestsellerautorin Tanya Stewner und einem Brecht-Film kulturell eindrucksvoll. Trotzdem steht Sommerlatte zum „lauten" Teil seines Netzwerkes, zu Hermann Joha, dem Schöpfer von „Alarm für Cobra 11" und der Film-Autobahn im nordrhein-westfälischen Aldenhoven-Siersdorf. „Joha ist der erste, der erkannt hat, welches Potential Belgien hat, und seitdem dreht er regelmäßig hier." Kein anderer bekomme Stunts so schnell, kostengünstig und effektiv hin. „Ich werde ihm nie vergessen, wie er mir seinen Hubschrauber geliehen hat, weil er wusste, dass ich Bilder (für einen Image-Film der DG, red.) von oben brauche."

Aber auch wenn Velvet Films mit vier Angestellten in Brüssel ein Wirtschaftsunternehmen ist, bleibt Kultur ein begleitender Faktor für Sommerlatte. Für 2017 ist die Produktion schon ausgelastet, sie musste bereits Projekt nach 2018 verschieben. Trotz des aktuell beeindruckenden Portfolios wollen Schelenz und Sommerlatte nicht über alle Maßen wachsen, „unser Ziel ist, schöne Sachen zu machen".

http://velvetfilms.be/