29.8.17

Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt

BRD 2017 Regie: Arne Feldhusen mit Charly Hübner, Detlev Buck, Marc Hosemann, Annika Meier, Bjarne Mädel 111 Min. FSK: ab 12

Herr Lehmann geht auf Techno-Tour: Autor Sven Regener setzte mit seinem Roman „Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt" die Geschichte seines Protagonisten aus „Herr Lehmann" fort. In Leander Haussmanns Verfilmung aus dem Jahr 2003 spielte Detlev Buck Karl Schmidt, der in der Psychiatrie endete. Nun, Mitte der 1990er-Jahre, finden wir Karl Schmidt - diesmal klasse gespielt von Charly Hübner - in einer Hamburger Reha-WG mit Ex-Alkis und -Drogensüchtigen. Mit stoischer Seltsamkeit pflegt Schmidt tagsüber Tiere und lauscht dem penetranten Betreuer Werner Meier („Tatortreiniger" Bjarne Mädel). Richtig seltsam wird es allerdings, als Schmidts Kumpel von früher auftauchen, die mittlerweile bei ihrem Berliner Techno-Label „Bumm Bumm-Records" mit Geld „zugeschissen werden".

Bumm Bumm-Boss Ferdi (Ex-Schmidt Detlev Buck) hat die geniale Idee, dass der Abstinenzler Karl der beste Roadie für die kommende Tour wäre. Weil er der erste war, der wegen „Techno in der Klapse war, da hieß das noch nicht mal Techno!" Im herrlich albernen Hin und Her zwischen China-Lokal, Club und Büros fragt man sich angesichts dieser herrlich spinnerten Typen unter Leitung von Ferdi/Buck, wer jetzt wirklich Therapie und Betreuung bräuchte. Sie reden selbstverständlich auch von der Liebe, die in der Musik stecken soll. Deshalb heißt die Tour, auf der ein immer weniger ausgeschlafener Schmidt die Truppe immer morgens um 8 aus den Clubs fegen soll, wo der Rave noch lange nicht zu Ende ist, auch in Anlehnung an die Beatles „Magical Mystery".

Im freundlich melancholisch Blick auf alle Beteiligten hat das sanft komödiantische Road-Movie „Magical Mystery" viele Ähnlichkeiten mit Cameron Crowes autobiografisch eingefärbtem, genialen Tour-Film „Almost Famous". Dabei entwickelt sich die Magical Mystery-Tour zur Chaos-Tour von heftigen Kiffern, Koksern und Säufern sowie einem Abstinenzler. Die Truppe kommt schon aus dem ersten Kreisverkehr nicht mehr raus und man selber nicht aus einem Dauergrinsen.

Zeit-Kolorit grüßt mit mobilen Telefonen so groß wie Bügeleisen, Faxe piepsen noch, wenn die neuen Charts-Listen reinkommen, geraucht wird immer und überall. Die mitreisenden Meerschweinchen werden Kruder und Dorfmeister getauft, die lebende Legende Hans Nieswandt („From: Disco To: Disco") tritt persönlich auf. Und selbstverständlich kennt „Element of Crime"-Musiker Sven Regener die Szene persönlich.

„Manchmal bewegt sich einer nicht, aber dann ist er noch lange nicht tot." Diese Betrachtung aus Schmidts Tierleben ist selbstverständlich auf ihn selbst gemünzt. Viel bewegt er sich zwar nicht, während die anderen wild rumhibbeln. Doch langsam und vorsichtig nähert er sich der burschikosen DJane Rosa (Annika Meier) an, die sich direkt an ihm interessiert zeigt. Geradezu zärtlich begleitet der Film auch Karl Schmidt weiter, der schließlich wieder in Berlin ankommt. Tolle Schauspieler, denen man mit und ohne Bekanntheit diese Typen direkt abnimmt, reichen, um ihrem Lebens-Flow eine Regener-Tour lang mit Sympathien zu verfolgen.