1.11.16

Die Ökonomie der Liebe

Belgien, Frankreich 2016 (L'économie du couple) Regie: Joachim Lafosse mit Bérénice Bejo, Cédric Kahn, Marthe Keller 101 Min. FSK: ab 12

Der international geschätzte wallonische Regisseur Joachim Lafosse („À perdre la raison", „Nue propriété - Privatbesitz") berichtet in „Die Ökonomie der Liebe" von dem „Danach" der Liebe. Was passiert, wenn die Gefühle einschlafen oder sich ins Gegenteil wandeln? Nach 15 Jahren Beziehung haben Marie (Bérénice Bejo) und Boris (Cédric Kahn) zwei Kinder und ein gemeinsames Haus. Sie hat alles bezahlt, vom eigenen Einkommen und vom Geld der Eltern. Er, notorisch arbeitsloser Architekt, hat alles renoviert. Nun reicht ihr Lohn nicht für zwei Wohnungen, sie will ihn loswerden, aber schmeißt ihn nicht raus. Er zwingt ihr Gespräche auf, ist rücksichtslos und provozierend, hält sich nicht an Vereinbarungen, macht auf Opfer und tut sich selbst leid. Er verspricht der Tochter, Fußballschuhe zu kaufen, und macht Theater weil Marie sie am Tag vor Spiel selbst kaufen muss. Sie würde ihn sogar mit einem Drittel des Wertes der Wohnung ausbezahlen, aber er will die Hälfte.

„Die Ökonomie der Liebe" ist zäh, quälend … wie solche Situationen wohl sind, könnte man sagen. Das Paar, das sich aus finanziellen Gründen anscheinend nicht räumlich trennen kann, ist wie der Film in der Wohnung mit der kleinen Terrasse gefangen. Wenig Musik und harte Schnitte zwischen den Szenen erzeugen die für Lafosse typische Distanz in der Beobachtung. Die Konstruktion dieser Versuchsanordnung ist klar, da muss der Kindermund gar nicht erklären, was es bedeutet, reich zu sein: Viel Geld haben! Wer was emotional investiert hat, läuft bei der Abrechnung nur am Rande mit. Vor allem nach dem großartigen Nach-Trennungs-Drama „Le passé - Das Vergangene", in dem man Bérénice Bejo („The Artist") als Beste Darstellerin von Cannes 2013 auch als eine Marie erlebte, macht im Vergleich klar, wie „arm" an Emotionen und Komplexität dieser neue Film geblieben ist.