12.7.16

Ferien (2016)

BRD 2016 Regie: Bernadette Knoller mit Britta Hammelstein, Jerome Hirthammer, Inga Busch 88 Min. FSK: ab 0

Die angehende Staatsanwältin Vivian Baumann (Britta Hammelstein) will nicht mehr zur Arbeit und auch nicht vom Sofa ihrer Eltern runter. Runter zieht sie aber alle, bis Papa mit ihr auf die ostfriesische Insel Borkum fährt. Das führt erst auch nur zum Heulkrampf auf dem Zimmer und zum Wutanfall in den örtlichen Rabatten.

Aber Vivian trifft plötzlich überall auf seltsame Weise verschrobene und traurige Menschen, auf eine dadaistische Jazz-Band mit wunderbarer Musik am Pier. Bald zieht sie bei Biene (Inga Busch) ein, die sich aus ihrem eigenen Leben verdrückt und ihren Sohn mit der neuen Mieterin zurücklässt. In der Ruhe, die sie in dieser verrückten Welt mit mehr als einer ungewöhnlichen Freundschaft findet, erscheint die alte Umgebung immer haltloser. Vor allem der Vater mit seinen Überraschungsbesuchen wandelt sich vom ungeschickt Besorgten zum Sorgenfall.

„Ferien" ist ein ganz großartiger kleiner deutscher Film, eine gänzlich eigene, kuriose, erstaunliche und unglaublich liebenswerte Geschichte, deren Poesie Hollywood nur mit fünf Autoren und 20 Millionen hinbekäme. Die völlig untouristische Szenerie, in der auch schon mal ein Wal strandet, ergibt Bilder der Verlorenheit wie bei Coppolas „Lost in Translation" - nur halt aus Borkum! Das ist so gut, dass man gar keine Lösungen suchen will. Das ist tatsächlich auch komisch, wenn mitten im Trennungsgespräch eine tote Taube auf den Teller des frischen Ex fällt. Das Bild mit den oft unscharfen Hintergründen kann sich hervorragend auf die Figuren konzentrieren, denn diese „Ferien" sind in allen Nebenrollen sensationell gut besetzt. Detlev Buck, gerade noch Trainer der israelischen Nationalmannschaft in „90 Minuten", tragisch und komisch den ungeschickten Vater. Der Strafverteidiger und Schriftsteller Ferdinand von Schirach überrascht hervorragend als melancholischer Kramladen-Besitzer.

„Ferien" stellt endlich das aufatmende Gegenprogramm zu den deutschen Konfliktfilmen an französischen Pools dar und erinnert manchmal an die preisgekrönten Weltentwürfe eine Roy Anderssons, wie „Songs from the Second Floor" oder „Eine Taube sitzt auf einem Zweig und denkt über das Leben nach".