19.7.16

Censored Voices

Israel, BRD 2015 Regie: Mor Loushy 84 Min.

Der Sechs-Tage-Krieg endete 1967 mit einem Triumph für Israel: Jerusalem, Gaza und West Bank gerieten unter israelische Kontrolle. Nur einen Monat danach interviewte der Schriftsteller Amos Oz einige beteiligte Soldaten. Diese erschreckenden und keineswegs jubelnden Kriegs-Zeugnisse wurden streng zensiert. Nun verwendet sie der israelische Regisseur Mor Loushy in seinem Dokumentarfilm „Censored Voices" (Zensierte Stimmen).

Amos Oz ist ein bekannter israelischer Schriftsteller, Journalist und mittlerweile Mitbegründer der politischen Bewegung Peace Now. Ihn interessierte nicht, was die Leute im Krieg gemacht haben, sondern was sie durchgemacht haben. Was nach dem Krieg mit ihnen passiert ist. Wohlgemerkt nach einem „erfolgreichen" Krieg, wohlgemerkt mitten im nationalen Siegestaumel, der ja so leicht über Leichen geht. Aber „andere Gefühle hatten keinen Raum" (Oz), weshalb diese Tonaufnahmen unglaubliche fünfzig Jahre unter Verschluss gehalten wurden.

Die Montage der Dokumentation erzählt packend von der politischen Situation im Nahen Osten des Jahres 1967, der Bedrohung Israels durch die umliegenden Länder, der landesweiten Mobilmachung und dem überraschenden Verlauf des Sechs-Tage-Krieges, in dem Israel trotz anscheinender Unterlegenheit an allen Fronten siegte. Ein ABC-Reporter feiert makaber vor der Kamera mit. Zum bedenklichen und erschütternden Ton des Films passen jedoch vor allem die Bilder von Verwundeten und Leichen. Die gefangenen Gegner werden als Menschen erkannt. Einige Soldaten schlagen angesichts deren Elends noch grausamer zu, andere versuchen zu helfen. Oz sieht im Ersticken dieser kritischen Stimmen einen Grund für die negative Entwicklung Israels und für seine heutigen Probleme. Denn die Kritiker von damals äußern sich heute verhaltener, man wird schnell zum „Staatsfeind" in diesem Land.

Erneut zeigt sich mit „Censored Voices", dass die Dokumentaristen Israels dem kriegstreiberischen Regierungstreiben etwas entgegensetzen können. Einige Stimmen wenigstens. Wobei „Censored Voices" sicher für alle Kriege, Länder, Armeen und Zeiten Gültigkeit hat.